Disputorium

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Antisemitismus im aktuellen DSA

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Zitat von Elegod am 21. Juli 2020, 8:07 Uhr

Ich kann den Gedankengängen wirklich nicht mehr folgen. Stehe ich irgendwie auf dem Schlauch?

hab's mal überflogen. Ich glaube, der Grundgedanke ist "alle doof, außer ich". Jedenfalls muss man schon eine hohe Meinung von sich haben, wenn man in alle Richtungen auskeilt. Irgendwie hat jeder andere was falsch gemacht, aber die sollen halt eben toleranter sein. Das ist so ein Blick von außen, kann ich ein wenig nachempfinden.

Daserzeugt dann erstmal Ablehnung beim Leser, weil man nicht sicher ist, ob man sich jetzt beleidigt fühlen soll oder nicht. Seinen Schlussworten stimme ich trotzdem zu.

Zumindest die Rakshazar-Leute haben sich Glumboschs Artikel zu Herzen genommen:

Karneval der Rollenspielblogs: Sprache – Von Grolmen und Irrogoliten

* Orangener Gurt im PJJ * Grüner Gürtel im Drama-Fu (Drachen-Stil) * Brauner Gürtel im Pyro-Fu * Night's Master im Ghoulu Jitsu * Gelber Gürtel im Tanelorn *

Was ich mir gerade überlege: Die Goblins in WoW wären nach der Logik doch auch antisemitisch:

Klein, krumme Nasen, geldgierige Händler, haben sich aus Sklaverei befreit. Ich zitiere: "Sie sind alte Verbündete der Horde und befreiten sich aus der Skalverei der Waldtrolle und haben es geschafft, innerhalb von nur wenigen Jahren ein unglaubliches Handelsimperium aufzubauen."

https://vignette.wikia.nocookie.net/wowwiki/images/d/d2/Goblin.png/revision/latest?cb=20130101175542

 

 

Harry Potter ist auch antisemitsch, wieder die Goblins.

https://www.heyalma.com/are-the-goblins-in-j-k-rowlings-harry-potter-anti-semitic/

Wie ich schon schrieb: Das kann man für praktisch jede Fantasy-"Rasse", die eher negativ besetzt ist, so konstruieren. Juden sind nun einmal im christlichen Abendland seit dem Mittelalter ein konstantes Feindbild, dem man alle negativen Eigenschaften, die für einen "inneren" Feind überhaupt denkbar sind, schon einmal zugeschrieben hat.

Der geradezu haarsträubende Denkfehler, den nun mancher von "strukturellem Antisemitismus" schwafelnde, bahamas lesende AStA-Ritter macht, ist nur, dass die negativen Eigenschaften an sich als "antisemitische Klischees" eingestuft werden. Gegen solche Leute ist mit logischen Argumenten (wie der Tatsache, dass diese Eigenschaften in jeder Kultur, einschließlich solcher, die von Juden noch nie was gehört hatten, als negativ galten) nicht beizukommen, aber für aufgeschlossenere Zeitgenossen:

Niemand (außer Gordon Gecko) mag Gier. Niemand mag Wucher. Niemand mag Geiz. Niemand mag Heimtücke. Niemand mag Betrug. Christen nicht, Muslime nicht, Buddhisten nicht, Atheisten nicht und Juden auch nicht.
Antisemitisch ist es nicht, war es nie, und wird es nie sein, diese Eigenschaften negativ zu bewerten.  Aber antisemitisch ist es, diese negativen Eigenschaften Juden als (religiöser, völkischer, "rassischer") Gruppe zuzuschreiben.

Dies vorangeschickt: Natürlich ist es bedenklich, wenn - wie bei den Grolmen zumindest teilweise berechtigt moniert - die allgemeine Zuschreibung von negativen Eigenschaften eines "Feindes unter uns" in einer Verbindung mit klischeehaften Darstellungen von Körperlichkeit passiert und in dieser Gesamtkonstellation ein Stereotyp nahe bestimmer historischer Gestalten des Juden im Antisemitismus entsteht.

Ich denke beispielsweise nicht, dass es große Probleme gegeben hätte, wenn Gier, Feilscherei etc. mit einer elfenähnlichen Physis verbunden worden wären.

Aber auch da sehe ich eher den sorglosen Rückgriff auf ältere literarische und mythologische Gestalten (bei den frühen Grolmen) bzw. den ungelenken Versuch der "Modernisierung" der Grolme (bei den späteren Grolmen) als Antisemitismus am Werke.

Negative Eigenschaften und Elfenhafte Züge würden nicht funktionieren. In der gesamten Geschichte waren Hässlichkeit und Charakterschwächen immer verbunden. Erst in der Postmoderne mit ihrem "Anything goes" wurde das deutlich anders. Die Größe lässt sich ähnlich erklären. Körpergröße geht traditionell in Kunst mit positiven Eigenschaften einher.

Bei der Hakennase weiss ich es nicht. Das wäre IMO der einzige Punkt wo ich tatsächlich einen bezug auf Juden nicht ausschließen würde. Aber auch da ist es eher wahrscheinlich, das durch eine Umkehrung des kindchenschemas (Stubsnase) und die scharfe, an eine Waffe erinnernde Form allgemeine Ästhetik wirkt.

Im grunde auch egal. Interessanter ist die Denkweise dahinter. Antisemitismus ist stark negativ besetzt. Ein stark negativ besetzter begriff wird anscheinend immer genutzt, um Rivalen und Feinde zu schwächen, indem man sie damit in Verbindung bringt.

Auch interessant ist der symbolische Bezug. Menschen sind in der lage, Symbolketten zu bilden, die von der realität komplett abgekoppelt sind. bauen wir mal dieses beispiel auseinander.

Ürsprünglich hatten wir die Verfolgung von Juden im Mittelalter und unter den Nazis. Hier sind wir auf der Ebene purer Realität. Das wurde verstärkt und gelenkt durch Klischees und Propaganda, und wir haben erstmalig ein Symbol. Das Symbol ist aber immer noch auf die Realität bezogen, und steht für die real existierenden Juden. Jetzt gehen wir einige jahre weiter, und wir haben unsere aktuelle Vorstellung von Atisemitsmus, wieder ein Symbol. Aber nicht dasselbe wie damals, denn unsere heutige Vorstellung von Atisemitiusmus ist nicht identisch mit der des Mittelalters oder der der Nazis. Ähnlich, aber nicht gleich. Am deutlichsten wird das im vergleich zum Mittelalter, wo eine religöse Kompnente vorherrschend war, die huete mit dem machtverfall der Religion fast verschwunden ist.

Wir haben jetzt also ein Symbol, das sich auf ein anderes Symbol bezieht. Ab hier existiert kein klarer Realitätsbezug mehr. Anders gesagt: Selbst wenn es in Deutschland gar keine Juden gäbe, könnten wir dieses Symbol verwenden und verstehen, indem wir auf die alten Symbole Rückgriff nehmen.

Bezeichnen wir diese moderne Vorstellung von Antisemitismus als Symbol zweiter Ordnung, weil sie aus anderen Symbolen entstanden sind. Dieses Symbol zweiter Ordnung wird jetzt mit anderen Symbolen verknüpft. Die Goblins und Grolme existieren nicht, es sind auch wieder Symbole. Genaugenommen auch wieder Symbole zweiter Ordnung, denn es gab nie real existiernede Goblins und Grolme, die sind rein ausgedacht.

Damit sind wir auf einer Ebene angelangt, wo wir Symbole verknüpfen, die keinen Realitätsbezug mehr haben. Durch diesen fehlenden Bezug können wir sie beleibig an die Realität anknüpfen, indem wir eine rein assoziative verknüpfung anbringen, indem wir also einfach ähnlichkeiten wie Farbe, Form usw. als Anknüpfpunkt nehmen.

Klassischerweise sagen wir: "Wer diese Symbole verwendet oder erschafft, ist antisemitisch", benutzen also eine Verknüpfung, die sich auf Urheberschaft oder einfach nur Nähe bezieht. Das ist natürlich im Fall der Grolme absurd. Die Rollenspielandschaft ist deutlich links, und Rollenspielautoren als Repräsentanten dieser Subgruppe umso mehr.

 

 

 

Zitat von ErikErikson am 1. August 2020, 18:39 Uhr

Negative Eigenschaften und Elfenhafte Züge würden nicht funktionieren. In der gesamten Geschichte waren Hässlichkeit und Charakterschwächen immer verbunden.

Michael Moorcock would like to have a word with you.

Zum Thema Gronkh noch mal:

Darüber bin ich bei Youtube vor ein paar Tagen gestolpert und pflichte ihm bei.

Zitat von Wulfhelm am 1. August 2020, 18:53 Uhr
Zitat von ErikErikson am 1. August 2020, 18:39 Uhr

Negative Eigenschaften und Elfenhafte Züge würden nicht funktionieren. In der gesamten Geschichte waren Hässlichkeit und Charakterschwächen immer verbunden.

Michael Moorcock would like to have a word with you.

Der war schon postmodern.

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