Disputorium

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Mein Verständnis von ARS

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Zitat von ErikErikson am 7. Mai 2020, 20:19 Uhr

In der beziehung reden wir total aneinander vorbei. lssen wir es.

Ja, das sage ich ja die ganze Zeit. Ist ja keine Masche: ich verstehe WIRKLICH nicht, was das Problem ist. ALso klar, festgelegte Handlung hat mit ARS nichts am Hut. Aber Stimmung? Will mir nicht in den Kopf.

Was ich selbst leite ist ja nicht ARS, sondern allenfalls "ARS-adjacent" (oder "ARS-ADJACENT"?), aber die Ergebnisoffenheit und das Unwissen, was als nächstes passieren wird, als SL, ist das, was mir beim Rollenspiel-Leiten so richtig Spaß macht. Wenn ich schon vorher wüsste, was passiert, müsste ich es ja nicht mehr leiten.

Und was das angeht bin ich als SL auf der gleichen Stufe, auf Augenhöhe mit meinen Mitspielern. Ich bin primus inter pares, ich kontrolliere die Spielwelt und die NSCs genau so wie die anderen Spieler ihre SCs kontrollieren, und dadurch kann ich genau so mitfiebern, zittern, mein Puls geht genau so hoch in den entscheidenden Momenten, weil ich eben NICHT die absolute Kontrolle habe. Dadurch wird - für mich - Rollenspiel auch noch viel mehr zum Gruppenerlebnis.

Bei einem guten Railroading-SL erlebe ich schon auch "Stimmung" - aber was fühlt der SL in dem Moment?

Ich glaube, deterministisch vs. regelbasiert ist hier ein wichtiger Punkt.

Szenen, die im Spiel entstanden sind:

SC (Stufe 4 ca.) finden im Dungeon einen per Zufallstabelle generierten Stein der Weisen, geraten in die Fänge eines übermächtigen Untotengenerals, schaffen es dank des Steins diesen zu vernichten.

Assassinen-SC hat schon länger einen Ring der Unsichtbarkeit und ist seitdem komplett übermächtig. Gruppe trifft auf erwürfelten Riesen, der haut die Assassinin platt, die ist unsichtbar am Sterben. Schafft den letztmöglichen Wurf zur Stabilisierung.

Sowas kannst Du imo nicht vorausplanen, wenn Du nicht zum Geschichtenerzähler werden oder mit großer Fehlschlagchance Point&Click spielen willst.

Zitat von Settembrini am 7. Mai 2020, 18:09 Uhr

Nee, Elegod, nicht ARS muß erklären, wie es Stimmung macht, die genauso ist, wie Dein Gefühl bei einem Computerspiel. Sondern Du mußt erstmal sagen was Dich denn an normaler Rollenspielstimmung stört.

 

Ist das jetzt das Akrolekt-Chipstüten-Argument? I am lost!

Hmm ... Versehen, oder? Gemeint war Erik, denke ich.

Ich lese zwar interessiert mit, muss aber wegen ein paar Lücken noch mal in einer ruhigen Minute von vorn anfangen und in Gänze lesen.

Nach meiner Erfahrung entsteht mitunter extreme Spannung beim Würfeln, aber eher kein Grusel.

Die Option des totalen Scheiterns ebenso wie die Option eines überwältigenden, nicht wirklich für möglich gehaltenen Erfolges, kann aus sich heraus auf jeden Fall Spannung erzeugen. Das ist der Spielkasino-Effekt.

Grusel ist - für mich - nicht die statistische Möglichkeit eines Scheiterns. (Manchmal kann das, was einen ängstigt, vielleicht sogar umgekehrt die Konsequenz der Option eines "Erfolges" sein.) Selbst der Tod eines mir ans Herzen gewachsenen, langjährigen SCs hat bei mir noch nie als Fakt "Grusel" ausgelöst. Grusel kommt eher in einer für mich im ersten Moment nicht begreifbaren oder klar erfassbaren Situation auf, mithin insbesondere wenn die Lösung gerade nicht schon gleich zu Beginn in rechnerisch festgelegten Chancen mathematisch bewertbar ist. Dabei ist unerheblich, dass die Situation letztendlich auf eine regeltechnische Entscheidung hinauslaufen mag. Ich sehe da aber eigentlich auch keinen Widerspurch zur ARS (soweit ich ARS bereits verinnerlicht habe), denn der Grusel kommt m.E. VOR der mit Würfeln auszutragenden Konfliktsituation, nicht durch diese. Nämlich in der Situationsbeschreibung, ohne die auch ARS-Spiel nicht auskommt, oder in den Erzählungen eines NSCs etc. ARS sagt doch eigentlich nur, dass der Ausgang einer Situation nicht bereits erzählerisch vorherbestimmt, sondern von Zufallselementen abhängig sein soll.

Selbst wenn ich ein Abenteuer alleine auf der Basis von Würfen auf Tabellen "zusammenbaue", was ich nach meiner bisherigen (ggf. wandelbaren) Überzeugung in voller Konsequenz wohl nur bei einer spontanen Bier & Brezel-Runde machen würde, muss ich das hieraus resultierende Abenteuer-Gerüst wieder für die Spieler durch Beschreibungen unterlegen.

Ich glaube nicht, dass irgendein regeltechnischer Mechanismus - sei es ARS oder (Schummel-)Erzählspiel - aus sich selbst heraus bereits Grusel erzeugen kann oder umgekehrt Gruselgefühle bei den Spielern ausschließen würde. Dafür braucht es Stimmungsmacher (Musik, Bilder, Erzählung) und eine bereitwillige Phantasie der Spieler. Manchmal mag das letztgenannte sogar ausreichen, aber auch das ist dann keine Folge eines Regelmechanismus, gleich welchen.

Gruselgefühle entstehen - jedenfalls bei mir - ebensowenig,
wenn ich den Eindruck habe, das kommende entzieht sich vollständig meiner Einflussnahmemöglichkeit und hängt alleine von der willkürlichen Entscheidung eines "Erzählers" ab,
wie bei der anfänglichen Gewissheit, dass sich das Geschehnis auf eine von Anfang an vorhersehbare, rein rationale mathematische Wahrscheinlichkeit herunterbrechen lässt.

Aber ich bin kein Rollenspieltheoretiker und lasse mich gerne eines besseren belehren (vielleicht schon durch nochmaliges Lesen dieses Fadens).

All dead! All dead!
Zitat von Settembrini am 4. Mai 2020, 14:12 Uhr

Dein letzter Post: Besser mti ARS. Deine SETZUNG, wie das Abentuer weiter oben zu enden hat wg. Foreshadwoing: self-fulfilling prophecy. Du willst eine ARS-ausschließende METHODE verwenden um eine Stimmung zu erzeugen. Das geht wirklich nicht im ARS, da hast Du Recht. Streiten würde ich darüber, ob die Stimmung die Du erzeugen willst NUR mit dieser METHODE erreichbar ist.

Den Ausgangspunkt von Erik verstehe ich eigentlich schon nicht, wenngleich ich seine "Ritualisierung" natürlich im Ansatz als eine Möglichkeit des Herangehens nachempfinden kann.

Der Grusel wird doch auch beim Foreshadowing während des Spiels durch die düstere Ahnung der Spieler, was ihnen bevorsteht, erzeugt. Die Ängste entstehen doch nicht (erst) in den letzten Sekunden des Finales, wenn sich ein Foreshadowing "erfüllt", sondern Horror soll bei Cthulhu pp. (gerade bei Erzählspielen) doch eher während des Abenteuers selbst bereits mitschwingen. Ob es am Ende tatsächlich so kommt oder ob es den Spielern gelingt, sich wider alle Hoffnungen aus den vermeintlich unabänderlichen Determinismus zu befreien, ist daher m.E. für die Erzeugung eines Horror- oder Grusel-Empfindens völlig gleichgültig.

Ich kann m.E. mit ARS das Ende ergebnisoffen halten und werde m.E. den identischen Grusel-Effekt im Spiel erzeugen können, ggf. ergänzt durch eine Spannungselement (Kommt es wirklich wie befürchtet?). Die Spieler werden sich meiner Erfahrung nach sowieso immer - auch beim Foreshadowing - den letzten Funken Hoffnung bewahren, doch noch dem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen, solange der SL ihnen nicht schon zu Beginn sagt: So wird es enden!

Letzteres, also ein tatsächlich determiniertes und im Vorfeld klar kommuniziertes Ende, kann man natürlich auch spielen, etwa wenn man im Abenteuer der Frage nachgeht, wie es hierzu nur kommen konnte, also eine Art Detektivabenteuer über die Vorgeschichte des eigenen Scheiterns. Der einzige Unterschied zum Erwachen nach Erinnerungsverlust ist, dass man schon vorher weiß, ab einem bestimmten Punkt wird es nicht mehr weitergehen. Aber das ist m.E. vielleicht einmal als ein Abenteueraufhänger gruselig, nicht immer wieder, nicht als ein fortdauerndes Spielprinzip.

All dead! All dead!

Kleine Anmerkung: Ergebnisoffenheit und ein effektiv unbeeinflußbares Ereignis müssen sich in meinen Augen mit Nichten im Wege stehen.

Was die - bleiben wir bei Cthulhu - Investigatoren machen, also ihre Pläne und Handlungen, das kann tatsächlich ganz ergebnisoffen abgehandelt werden... ...aber ob die Sterne richtig stehen, das können ihre Handlungen einfach nicht beeinflußen.

Ergebnisoffen heißt ja nicht, dass einer Personnage nichts unmöglich ist, sondern dass im Rahmen eben der Möglichkeiten (Regeln, Plausibilitätsabwägungen, Spiel- und Weltsetzungen, ...) nicht von vornherein feststeht, was passieren wird/was der Ausgang einer Handlung sein wird.

Daher: Unaufhaltsame quasi-Naturereignisse halte ich (als zugegebenermaßen Nicht-ARSianer) für mühelos vereinbar mit dem ARS-Diktum der Ergebnisoffenheit.

Current thinking of this agency: 10 Ignores

„Das tun alle, die solche Zeiten erleben. Aber es liegt nicht in ihrer Macht, das zu entscheiden. Du musst nur entscheiden, was du mit der Zeit anfangen willst, die dir gegeben ist. “

- Gandalf

🙂

Wobei das (Film-)Zitat gerade den Fall eines "ergebnisoffenen" Abenteuers mit "siegreichem" Ausgang betrifft ...

All dead! All dead!
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