Disputorium

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PESA - Theorie und Praxis

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Zitat von ErikErikson am 13. Februar 2020, 17:48 Uhr

Achtung Cthulhu hat sich sehr weit von der literarischen Vorlage entfernt.

Für Cthulhu im 2. Weltkrieg gibt es ja auch keine literarische Vorlage, wenn man bei den Geschichten von HPL bleiben will (dessen Epigonen ja oft ohnehin qualitativ ,abgebaut hatten).

Cthulhu ist das moderne Grusel-KETCHUP, das man derzeit (auch und gerade aus Lizenzgründen) ÜBERALL draufleeren kann. Was gibt es nicht alles in der Form "XYZ, aber diesmal mit einer Portion Cthulhu"? Sogar Fate, was ganz grundsätzlich Probleme mit dem Horror-Genre hat, gibt es in einer Cthulhu-Adaption.

Modiphius wollte, so mein Eindruck, ein 2. Weltkriegs-Rollenspiel machen, wo man mit den altbekannten, ja coolen(!) 2.Weltkriegs-Waffensystemen rumholzen kann.

Dann wollten sie aber nicht nur die an rein militärischem Rollenspiel Interessierten - sehr wenige sind das - ansprechen, weshalb sie eine dicke Portion PULP-ACTION reingeknetet haben. Somit hat man 2. Weltkrieg mit Indiana Jones, wo Widerstandskämpfer oder Spezialagenten mit bloßen Fäusten auch Maschinenpistolen schwingenden Waffen-SS-Soldaten überlegen sind.

Und das für sich genommen hätte ja eventuell gereicht, nur braucht es für so richtiges Indy-Feeling halt was Übernatürliches. - Das wird in den Weird Wars II Rollenspielen für das D20-System oder GURPS oder Savage Worlds ja mitgeliefert, nur eben nicht auf einer bekannten Lizenz aufsetzend.

Modiphius hätte das genauso machen können und einfach einen eigenen übernatürlichen Hintergrund für Nazi-Werwölfe, SS-Nekromanten und Übermensch-Supersoldaten ausdenken können - haben sie ja auch! Nur eben mit der dahinter liegenden Basis, daß irgendwie hinter allem der Cthulhu-"Mythos" liegt.

Diese letzte Entscheidung war an sich überflüssig, nur ist die MARKE "Cthulhu" sehr bekannt. Damit ist ein Rollenspiel, das sich "Achtung! Cthulhu" nennt, leichter zu verkaufen als eines, das sich "Achtung! Übernatürliches" nennt.

Win-win-win. Militärisches Rollenspiel? Check. Pulp-Action? Check. Cthulhu-Marke? Check.

Als Engländer kann und ist ihnen irgendwelche "deutsche Befindlichkeit" bei dem Thema Nazi-Greuel-Verharmlosung ganz grundsätzlich am Arsch vorbeigegangen. Das kratzt die rein gar nicht.

Für mich war es jedoch besonders unverständlich, daß UHRWERK gerade als deutscher Rollenspielverlag Achtung! Cthulhu in einer deutschen Ausgabe herausbringen wollte. Da hätte ich wesentlich mehr Gespür erwartet. Gab es aber nicht. Sei's drum.

Niemand ist gezwungen das zu spielen. Es wird sich - so meine vollkommen aus der Luft gegriffene Vermutung - sicher auch nicht besonders gut verkauft haben (die deutsche Version, das englische ist ein echter RENNER im Produktportfolio von Modiphius).

Angesichts der vielfältigen Beispiele, wie in Medien wie Film (Indiana Jones), Serien (SS GB, Das Orakel vom Berge), Comics, Computerspielen und vielen mehr die Nazi-VERSATZSTÜCKE als reines Kolorit zu UNTERHALTUNGSZWECKEN verwendet werden, ist natürlich zu erwarten, daß es auch in Zukunft mehr ähnlich gelagerte Beispiele auch im Rollenspielsektor geben wird.

Kann man schlimm finden, wird man aber angesichts der doch meist außerhalb Deutschlands liegenden Herkunft dieser Produkte nicht nur nicht verhindern können, sondern auch nicht kritisieren können - andere Leute sehen die für sie ALT-HISTORISCHE Nazi-Zeit durch den zeitlichen Abstand halt als FIKTIONAL an, so wie ich ja auch den "alten Westen" der USA in meinen zahlreichen Western-Rollenspielrunden NIE als historisch akkurate Aufbereitung angegangen bin, sondern immer nur den UNTERHALTUNGS-Aspekt der Western-Filme, Jonah-Hex- und Blueberry-Comics und ähnlicher Medien für die Rollenspielpräsentation verwandt habe.

MIR ist es nämlich vollkommen EGAL, ob sich ein US-Indianer ("native american") darüber aufregen mag, wenn ich in einer Spielrunde Horden blutrünstiger roter Bastarde vor die Gatling-Guns der GUTEN HELDEN treibe. Wie gesagt: Unterhaltung in einer als Fiktion wahrgenommenen Umgebung, einem Rollenspiel-Setting.

Realität hat PAUSE, wenn ich Rollenspiele spiele.

Das heißt nicht, daß mir im Falle A!C der Umgang mit der realen Historien-Vorlage nicht an die Nieren geht. Ich verstehe aber, daß ein englischer Verlag das vollkommen unproblematisch empfinden mag.

Ich würde sagen: Im Grunde ganz mein Reden!  😉

All dead! All dead!
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