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Ich fand die erste Folge ganz ganz toll und werde jetzt nichts mehr dazu lesen, so. 😛

Zitat von Viral am 27. Januar 2020, 23:17 Uhr

Aber in Summe wird ein positives Menschheitsbild vermittelt, da stimmte ich zu. Aber diese Dark-Tendenzen gab es auch damals schon.

Den aus meiner Sicht entscheidenden Unterschied hast du aber im ersten zitierten Satz selbst schon angesprochen: In Summe positiv. Es sind Ausreißer - die noch dazu korrigiert werden -, während das Ganze, die Gesamtheit positiv ist und bleibt. In Measure of a Man (sehr schönes Beispiel) ist es ein einzelner Forscher der diese Absicht verfolgt und das Rechtssystem der Föderation (also quasi die Föderation als solches) verbietet ihm letzten Endes diesen Weg.

Die späteren Grautöne gehen von diesem Ansatz mit einer positiven Gesamtheit (und positiven Institutionen) und grauen/fehlgeleiteten oder fehlenden Individuen aber hin zu einer grauen Gesamtheit (und fehlenden Instituionen) und sich dem entgegenstellenden positiven Individuen.

Statt für und mit einer funktionierenden (wenn auch vielleicht trägen) Struktur zu arbeiten, muss gegen eine korrupte Struktur angekämpft werden. Und das ist noch die positive Auslegung, denn was ich viel unangenehmer finde, ist dieses zwar nicht ausgesprochene, aber doch sachte wahrnehmbare, dass diese Struktur vielleicht gar nicht korrupt sondern tatsächlich bedauerlich notwendig sein könnte. Die zynische Kehrseite von the needs of the many.

Current thinking of this agency: 10 Ignores

Ohne echtes Pferd im Rennen: Star Trek erinnert mich an Präsident Trump, der einem mehrheitlich afroamerikanoschem Collegesportteam Cheeseburger serviert. Klar, mal ein Cheeseburger ist nett, aber bei einer Sportlerehrung im Weißen Haus wünsche ich mir auch etwas besseres. Und komme nicht umhin, eine gewisse (unterschwellige?) Verachtung wahrzunehmen.

"If people seem slightly stupid, they’re probably just stupid. But if they seem colossally and inexplicably stupid, you probably differ in some kind of basic assumption so fundamental that you didn’t realize you were assuming it, and should poke at the issue until you figure it out." - Scott Alexander, published under CC-BY 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
Zitat von tassander am 27. Januar 2020, 21:40 Uhr
Zitat von Settembrini am 27. Januar 2020, 21:31 Uhr

so wie die Originalserie Johnsons Amerika zeigt.

Da würde ich hart wiedersprechen. Alles zeitgenössische ist unfreiwillig in TOS, was gesellschaftliche Fragen angeht.

Nein. Uhura. Civil Rights. Das ist schon kein Zufall gewesen.

Und ein Russe auf der Brücke ist auch eine politische Botschaft.

Ich kann mir gut vorstellen, dass mehr Politisches in TOS unfreiwillig ist, als in Picard, aber sicherlich bei weitem nicht alles.

 

Aber es war nicht das Anprangern von "Johnsons Amerika": Es war der Versuch eine Utopie, eine bessere Menschheit zu zeigen. Natürlich mit dem Arsenal des abzulehnenden Schlechten, welches aus der Lebenszeit des Autors kam. Aber halt auch nicht mehr. So meinte ich das.

Die Rassismussache ist doch beispielhaft: kommt nur ganz selten vor, und wenn, dann als volkommen überwunden und unverständlich. Das ist ja nicht nur in der Abe Lincoln-Folge so.

Rückständigkeit usw.

 

 

Zitat von Settembrini am 28. Januar 2020, 5:41 Uhr
Zitat von tassander am 27. Januar 2020, 21:40 Uhr
Zitat von Settembrini am 27. Januar 2020, 21:31 Uhr

so wie die Originalserie Johnsons Amerika zeigt.

Da würde ich hart wiedersprechen. Alles zeitgenössische ist unfreiwillig in TOS, was gesellschaftliche Fragen angeht.

Nein. Uhura. Civil Rights. Das ist schon kein Zufall gewesen.

Und ein Russe auf der Brücke ist auch eine politische Botschaft.

Ich kann mir gut vorstellen, dass mehr Politisches in TOS unfreiwillig ist, als in Picard, aber sicherlich bei weitem nicht alles.

 

Aber es war nicht das Anprangern von "Johnsons Amerika": Es war der Versuch eine Utopie, eine bessere Menschheit zu zeigen. Natürlich mit dem Arsenal des abzulehnenden Schlechten, welches aus der Lebenszeit des Autors kam. Aber halt auch nicht mehr. So meinte ich das.

Die Rassismussache ist doch beispielhaft: kommt nur ganz selten vor, und wenn, dann als volkommen überwunden und unverständlich. Das ist ja nicht nur in der Abe Lincoln-Folge so.

Rückständigkeit usw.

 

 

Klar. Da haben wir aneinander vorbeigeredet. TOS spiegelt Johnsons Amerika wider, das habe ich geschrieben. Das Civil Rights Movement auf dem Weg zum Erfolg. Kirk küsst Uhura. Postkolonialismus. Die Prime Directive. Entspannung im Kalten Krieg. Chekov.

Die Utopie ist fest verankert in der Zeitgeschichte. TOS wäre in Nixons Amerika nicht denkbar und fand in Nixons Amerika ja auch nicht statt.

TNG dann nimmt Fukuyama vorweg. Es spiegelt die Hoffnung auf das Ende der Geschichte. Es ist schon auffällig, wann das gesellschaftliche Klima für eine Utopie wieder passt. DS9 ist dann schon wieder geprägt von Jugoslawien etc. und zeigt sozusagen eine Gewissens- und Verantwortungsethik, die nicht mehr unbedingt deckungsgleich sind.

In Trumps Amerika ist eine ungetrübte Utopie kaum glaubwürdig, da die Federation immer die USA spiegelt. Klar, dass das etwas Gebrochenes werden muss.

Mir will fast scheinen, Settembrini, dass Du Mike Stoklasas ursprüngliche Plinkett-Reviews, nämlich die der TNG-Filme, nicht gesehen hast. Möglicherweise auch die Re:Views von Discovery nicht?

Die Utopie ist fest verankert in der Zeitgeschichte.

[...]

In Trumps Amerika ist eine ungetrübte Utopie kaum glaubwürdig, da die Federation immer die USA spiegelt. Klar, dass das etwas Gebrochenes werden muss.

Daß die Federation immer den Stand der USA widerspiegelt oder soll finde ich eben das non-sequitur. Die Federation soll eine ideale, oder zumindest weit mehr am Ideal liegende Zukunftsgesellschaft sein. WIE sich das äußert, ist dann zeitgeschichtlich beeinflußt.

Für mich wäre es in diesem Geiste korrekt gewesen, wäre die aktuelle Federation über Versuche der FoxNeswisierung volkommen erhaben gewesen, if you get my drift. Aktueller Kommentar indem man zeigt, daß die Federation auch so einen Zirkus längst hat hinter sich gelassen.

Da ist schon eine Umkehr von Roddenberrys Vision gegeben. Aber hach, was schert es mich, außer TOS kann mir eh alles gestohlen bleiben, das sollen mal die TNG-Fans... also macht das unter Euch aus.

Ich habe da nicht so das Recht über Picard zu urteilen, weil ich TNG+ schon immer doof fand. Insofern, wenn es Euch gefällt, dann ist ja der TNG-Spirit erfolgreich wiederbelebt.

Zitat von tassander am 28. Januar 2020, 9:50 Uhr

Klar. Da haben wir aneinander vorbeigeredet. TOS spiegelt Johnsons Amerika wider, das habe ich geschrieben. Das Civil Rights Movement auf dem Weg zum Erfolg. Kirk küsst Uhura. Postkolonialismus. Die Prime Directive. Entspannung im Kalten Krieg. Chekov.

Die Utopie ist fest verankert in der Zeitgeschichte. TOS wäre in Nixons Amerika nicht denkbar und fand in Nixons Amerika ja auch nicht statt.

Diese extrem platte Gleichsetzung von "Präsident"="Während seiner Präsidentschaft entstandenes Medium" sehe ich weder bei Star Trek noch bei irgend einem der anderen Beispiele (Aliens, Terminator), bei denen das gerne angeführt wird, vernünftig belegt.

So weit ich informiert bin, hat sich niemand gesagt: "Naja, die Produktionskosten waren uns eigentlich schon in der letzten Staffel zu hoch, und den Roddenberry haben wir auch schon vergrault, und die Einschaltquoten sind weiter anti-berauschend... aber wenn Nixon nicht Präsident wäre, dann hätten wir trotzdem weitergemacht, jawoll!"

So etwas anzunehmen und damit auch, dass sich das gesamte kulturelle und gesellschaftliche Klima der USA im Rhythmus der Präsidentschaftswahlen radikal umkrempelt, halte ich für ein Hirngespinst.

Zitat von Settembrini am 28. Januar 2020, 13:11 Uhr

Ich habe da nicht so das Recht über Picard zu urteilen, weil ich TNG+ schon immer doof fand. Insofern, wenn es Euch gefällt, dann ist ja der TNG-Spirit erfolgreich wiederbelebt.

Ich glaube, viele, die hier ihren Senf dazugeben, sind eher Jays als Mikes.

P.S.: Artet doch ein bißchen ins hipsterige aus, oder nicht?

Na, wie dem auch sei. Habe die Folge gesehen (und die Picard-Startfolge gleich am Erscheinungstag):

ST:P hat mich, um es mal positiv zu sagen, nicht gleich in der ersten Folge vergrault. Rich hat es im Re:View gut formuliert: Das sind die ersten 10 Minuten eines Films. Und für mich ein Film, bei dem ich nicht sofort sage "Schnell raus hier, solange ich noch mein Geld zurück verlangen kann". Ich habe zumindest mildes Interesse daran, wie es weiter geht.

Stolpersteine sind natürlich absehbar. Der erste ist kein Picard-spezifischer: Es ist halt von der Machart eine moderne Serie. Was heißt das?
a.) Wissenschaftliche und sonstige rationale Zusammenhänge bewegen sich auf sub-Star-Wars-Niveau.
b.) Es muss irgend welche Äkschnszenen geben, in denen Leute mit Superkräften durch die Gegend hüpfen.
c.) Charakterdrama ist alles, sachliche Probleme sind gar nichts.
Alles für ausgerechnet eine SF-Serie nicht ideal. Aber okay, ST war schon immer großenteils ein SF-Kostümstück.

Der zweite Stolperstein ist spezifischer. Es ist eigentlich auch eher ein Mühlstein, welcher der Serie von den TNG-Filmen und von JJA-Trek um den Hals gehängt wurde.
Ein Effekt davon ist, dass Picard (genau wie Data) von der Serie nicht mehr als Charakter zerstört werden kann, weil das die TNG-Filme schon erledigt haben. Eigentlich sogar schon Generations im Alleingang. Picard wurde zum von Schicksalsschlägen gebeutelten (seine Familie wurde in Generations off-screen abgefackelt) Äkschnhelden umgemodelt und Data zur Witzfigur reduziert. Sie haben versucht, das (besonders letzteres) in den drei weiteren Filmen ein bißchen wieder zurückzuspulen, aber so richtig ist das nicht gelungen, zumal die Filme sowieso alle bestenfalls Mittelmaß waren. In other words: You can't un-ruin them now.
Dass die Serie das JJA-Universum mit der Zerstörung von Romulus mitschleifen muss, ist auch eine merkbare Hypothek.

Der dritte Stolperstein ist, dass die Serie (das war auch ein Riesenproblem in TLJ) offenbar nicht auf der Logik ihres eigenen Universums, sondern auf dem der Publikumswahrnehmung basiert. Data war für Picard die wichtigste Person überhaupt, nicht weil die beiden in der Serie eine besonders tiefe Beziehung gehabt hätten (die sie in der Tat nicht hatten, wie das Re:View schön zeigt), sondern weil sie die beiden wichtigsten und beliebtesten Charaktere waren, an die sich auch die meisten Leute erinnern. Geschichten so zusammenzubasteln, dass sie, statt aus sich selbst heraus zu funktionieren, die oberflächlichsten Erinnerungen des Zielpublikums ansprechen, ist billige Nostalgiehäscherei und sagt nichts Gutes über den Einfallsreichtum der Autoren.

Diese Probleme kommen im Re:View auch ganz gut zur Sprache, denke ich. Daher sehe ich das auch nicht als reines Nitpicking (ein bißchen auf den offensichtlich blödsinnigen Details der Serie herumzutrampeln, hat allerdings auch Unterhaltungswert) und kann auch nicht nachvollziehen, wo das besonders negativ wäre. Gerade Mike wirkt analytisch, teils eher kalt amüsiert, jedenfalls nicht wütend.

Um den Star-Wars-Vergleich mal beizubehalten: Die Serie kann, denke ich, sich noch als das entpuppen, was die Disney-Trilogie nach Festsetzung der Richtung durch TFA, ohne Rian Johnsons Querschuss und mit einigermaßen am Boden verankerten Autoren hätte werden können. Oder was das alte EU war. Ganz nettes, aber letztlich belangloses Zusatzmaterial für Fans. Wenn's das wird, komme ich klar. Wenn's schlechter wird, spare ich das Geld für Prime. Ein geliebtes Universum und tolle Charaktere ruinieren kann die Serie nicht mehr, weil das schon vor 25 Jahren passiert ist.

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