Disputorium

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Regeldesign Heimlichkeit

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Gegen übermäßig viele Heimlichkeits-Würfe helfen Regeln für Gruppenaktionen, für das Unterstützen, für das "Ausdehnen" von Erfolgen auf weitere Charaktere etc.

Da gibt es zahlreiche Systeme, die so etwas vorsehen.

Vom Realismus-Standpunkt aus ist das prinzipielle Problem, dass es umso schwieriger wird, heimlich zu bleiben, je mehr Leute heimlich sein wollen. Einer alleine kann sich problemlos hinter dem Vorhang verstecken, bei sechs wird das albern.

Zitat von Pyromancer am 9. März 2020, 14:35 Uhr

Vom Realismus-Standpunkt aus ist das prinzipielle Problem, dass es umso schwieriger wird, heimlich zu bleiben, je mehr Leute heimlich sein wollen. Einer alleine kann sich problemlos hinter dem Vorhang verstecken, bei sechs wird das albern.

Exakt. Dem kann man auch mit Zornhaus Vorschlägen nur teilweise entgegensteuern. Der Knackpunkt ist eben, dass Heimlichkeitsszenarien im Grunde Prüfungsszenarien sind. Und wie es bei anderen Prüfungen, bei denen jedes Scheitern sofort das Ende des Vorhabens bedeutet, ist es rein mathematisch am klügsten, dass es nur einer probiert.

Nun wäre es bei gleich verteilten Fähigkeiten vielleicht noch etwas anderes. Es hat ja auch Vorteile, wenn ich mich mit meinem ganzen Trupp irgendwo einschleiche, dann habe ich mehr Möglichkeiten bei dem, was ich im Anschleichobjekt eigentlich machen will.
Aber verstärkt wird das Problem eben noch durch Fertigkeits- und Klassensysteme, die in den meisten Spielen Gruppen mit stark unterschiedlich verteilten Heimlichkeitsfähigkeiten erzeugen - was ja auch nicht unbedingt unrealistisch ist. In solchen Fällen ist es einfach intradiegetisch genau so sinnvoll wie am Spieltisch, dass die Leute sagen: Wir schicken den Schurken vor, alle anderen bleiben zurück.

Aber das Thema "Fertigkeits- und Klassensystem, die hauptsächlich eine Menge Dinge definieren, die man nicht kann" ist noch mal ein anderes Kapitel...

Mittlerweile habe ich so grundsätzlich ein Problem mit Fertigkeitsproben: es gibt ja zunächst einmal zwei Grundeinstellungen

a) der Fertigkeitseinsatz ist irrelevant für das weitere Abenteuer

b) der Fertigkeiteneinsatz hat Relevanz für das weitere Abenteuer

wenn a) dann ist jeglicher Wurf für den Hintern, denn wozu prüfen wenn es ohnehin nichts bringt? Klar - fürs Schummel-Erzählspiel (die Spieler bekommen das Gefühl vermittelt ihre Aktion/Handlung bzw. der zugehörige Wurf hätte einen entscheidenden Einfluss auf die Fortführung der Geschichte/des Abenteuers)

wenn b) darf der Wurf wiederum kein negatives Ergebnis haben, da sonst das Abenteuer/ die Handlung am Ende ist. Hier ist also das Ergebnis des Wurfes auch irrelevant, da letztlich jedes Ergebnis zum Erfolg führen muss. Was genauso beknackt ist.

Daraus folgt: relevante Würfe sind einzig und alleine in einem ergebnisoffenen ARS-Spiel nötig. Jegliche Form der "Überprüfung-durch-Würfel" in einem anderen System/Setting/Leitstiel führt letztlich nur zu irrelevanten Ergebnissen - dann kann ich sie auch gleich weglassen.

 

Problem 2 (jetzt nur noch für ARS): ein kompetenter Charakter hat, sagen wir mal eine 90%-ige Erfolgchance in seinem Spezialgebiet.

Diese Chance ist mir persönlich zu gering. Würdet ihr einer Leberoperation zustimmen, wenn der "kompetente" Arzt eine 905-ige Chance hat euch bei der OP nicht zu töten? Wenn der Hausarzt eine 90%-ige Chance hat die Erkältung zu diagnostizieren (andernfalls werden ihr eben für Durchfall behandelt - oder Krebs!). Wenn der Lufthansa-Pilot eine 90%-ige Chance hat den Vogel wieder heil runter zu bringen?

Damit möchte ich folgendes sagen: auch im ARS sind Würfe nur (und ausschließlich nur) dann durchzuführen, wenn eine kritische Situation vorliegt, also ein Ereignis, dass fatale Folgen haben kann und von daher nur die fähigsten Leute überhaupt dazu befähigt eine Chance zu haben, im obigen Beispiel soll der Pilot also einen Wurf machen, um das brennende Flugzeug, manuell ohne Tower und funktionierende Geräte während eines Sturmes bei Nacht auf einer 100m durchmessenden Insel im Atlantik zu landen. Ein Hobbypilot wird dies nicht hinkriegen (Wahrscheinlichkeit gegen 0%), ein Profi hat eben bessere Chancen (mein Kumpel bei der Bundeswehr, seit 20 Jahren Berufspilot meinte in 9 von 10 Fällen würde er den Vogel unter diesen Umständen sicher runter bringen), also eben wieder jene 90%.

Da solche Situationen in der Regel ja der Spannungserzeugung im Spiel dienen sollen, bringt also eine Häufung von Fertigkeitsproben (0 eine Häufung von absurd schicksalshafter Situationen) auch einen gewissen Ermüdungseffekt mit sich: die 99 zu allem entschlossenen Erzmagier, die über eine Armee von gehörnten Dämonen verfügen, welche auf Riesenlindwürmern reiten sind halt maximal einmal "spannend" oder "witzig" oder was auch immer.

Fertigkeiten auf den Datenblatt zu haben und im Laufe der zeit mühsam akribisch zu verbessern und zu steigern - die ich im Gegenzug allerdings höchstens (!) einmal alle 3-4 Sessions "überprüfe" - sprich würfle - scheint mir auch irgendwie hirnrissig und unbefriedigend zu sein.

Wie also das im Eingangspost gestellte Problem lösen?

Generell (nach meiner Ausführung) stellt sich das Problem hier ja nur in einer Extremsituation. Der Dieb wird eigentlich fast nie würfeln müssen: er hat es gelernt sich leise zu bewegen und ihm wird diese in 99% aller Fälle auch gelingen. Fraglich wird der Erfolg also nur, wenn es sich entweder nicht um eine Person handelt, die über die entsprechende Fertigkeit verfügt, oder aber der Beobachter ebenfalls ein Profi ist. Und selbst dann nur, wenn die Aktion zu einer direkten abenteuerrelevanten Reaktion führen kann, die in ihrer Mächtigkeit nach Möglichkeit nicht auf Abbruch der Kampagne zielt (sonst "muss" sie bekanntlich wieder gelingen).

Daraus folgt:

  • wenn eine Figur über eine relevante Fertigkeit sollte diese nur in Extremsituationen überprüft werden, im konkreten beispiel muss der Dieb also gar nicht würfeln, wenn er eine "normale" Heimlichkeitsaktion durchführt
  • wenn er doch würfeln muss, sollte beim Profi die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs generell sehr hoch sein - oder aber es liegt eine an Absurdität grenzende Handlung vor (Stichwort: gesunder Menschenverstand)
  • muss also ein Wurf ausgeführt werden und misslingt, so sollte auch die negative Konsequenz folgen - alles andere ist SchErz und eben kein ARS

Fazit: der Wurf ist einmalig und kann niemals wiederholt werden.

Stimme der Vernunft. 4E Archoangel - love me or leave me!

... nochmal zurück zu meiner Frage:
Der Dieb schleicht in ein fremdes Haus
=> wer würfelt den Schleichen-Test, Dieb oder (hinterm Schirm gar) der DM  ?
=> weiß der Dieb, daß er sich furchtbar gut bzw. schlecht anstellt?

 

 

Robopsychologist & Rasenbelüfter, Grüner Gürtel im Pyro-Fu, Blauer Gürtel im PJJ, Gelber Gürtel im Drama-Fu
Zitat von Syndrom am 9. März 2020, 20:05 Uhr

... nochmal zurück zu meiner Frage:
Der Dieb schleicht in ein fremdes Haus
=> wer würfelt den Schleichen-Test, Dieb oder (hinterm Schirm gar) der DM  ?
=> weiß der Dieb, daß er sich furchtbar gut bzw. schlecht anstellt?

 

 

Hängt bei mir von den Spielern ab. Manche mögen es gar nicht, dass verdeckte Würfe stattfinden, andere kennen es nur so.

Der Spieler würfelt. Und natürlich weiß der Dieb, ob er gerade phantomgleich lautlos durch die Nacht schwebt oder vom trockenen Zweig auf die Schnur mit den angebundenen Blechdosen stolpert (oder irgend etwas dazwischen).

Spielerin hinterm Schirm.

(Erstaunlicherweise ist das der Punkt, an dem mich gerade nicht- und anti-ARSianer entsetzt angesehen/entrüstet zur Rede gestellt haben...)

Current thinking of this agency: 10 Ignores

dann könnte es schlau sein, möglichst spät zu würfeln. Am besten erst, wenn ein potentieller Entdecker ins Spiel käme, andernfalls bricht der Spieler das Anschleichen gerne mal ab ... das fände ich dann zu billig

 

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Zitat von blut_und_glas am 9. März 2020, 21:36 Uhr

Spielerin hinterm Schirm.

(Erstaunlicherweise ist das der Punkt, an dem mich gerade nicht- und anti-ARSianer entsetzt angesehen/entrüstet zur Rede gestellt haben...)

Find' ich aber super, an anderer Stelle. Also z.b. bei AD&D, wenn der Magier ankündigt was zu zaubern, und eine Karte mit dem Spruchnamen verdeckt auf den Tisch legt. Das gibt dem Spielleiter die Chance auch zu 'spielen' (hatte Benjamin an anderer Stelle ... beim würfeln von Reaktionen (?) so benannt)

 

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