Disputorium

Bitte oder Registrieren, um Beiträge und Themen zu erstellen.

ZBR 27: Traveller II

Seite 1 von 2Nächste

Episode 27: PS Traveller (2 SWS)

Da dachte ich, ich hab euch eingeholt und kann nun zeitnah kommentieren, zack, ist die nächste Folge draußen. Na gut, trotzdem.

Erstmal vielen Dank dafür, dass ihr mit Traveller weitermacht. Ich muss dieses Spiel spielen...

Ich fänd es ja hochinteressant, wenn ihr mal eine Traveller-Folge im Stile der allerersten Episode zum DMG machen würdet, sprich: einen Settingentwurf mit den Methoden (Subsystemen, hab ich gelernt), die Traveller bietet, konkretisiert und ausgestaltet.

Der eigentliche Grund meines Schreibens ist aber euer Teaser-Gespräch zu Beginn. Da Settembrini ja schon auf Marx Bezug nahm, erlaub ich mir den folgenden Einwurf:

Die entscheidenden Begriffe sind hier Warenproduktion einerseits, formelle und reelle Subsumtion andererseits, glaube ich. Das kann man an DnD wunderbar festmachen. In der Proto-Phase (ab ca. 1970?) wurde zwar eine Unmenge produziert – aber keine Waren. Es herrschte ein offener Ideenaustausch, der zu einer Kreativitätsexplosion führte.

Dann entstanden die ersten Produkte, die tatsächlich verkauft wurden – also Waren. Diese wurden zwar mit der Zielsetzung des Verkaufs produziert, aber der Produktionsprozess war nicht der Logik der Verwertung gemäß durchrationalisiert. Ich denke, das ist es auch, was zu den Qualitäten führt, die ihr am Beispiel des DMG demonstriert habt – Settembrini, du hattest es an irgendeiner Stelle mal sinngemäß so beschrieben, dass das Produkt dich immerzu implizit auffordert, selbst produktiv zu sein.

Dem folgt eine Entwicklung, die (hier folge ich einfach euren Darstellungen, ich habe viel zu wenig Ahnung von DnD) ab 1985 in Lorraine Williams und Dragonlance gipfelt. Hier ist die vollständige Durchrationalisierung soweit fortgeschritten, dass man von reeller Subsumtion sprechen kann – bis hin zu dem Punkt, dass Produkte überhaupt nur noch entstehen, weil ja etwas verkauft werden muss. Diese Logik hat zugleich ein Nullsummenspiel zwischen Verkaufserfolg und Kreativität der Kunden zur Folge: Je mehr sich die Leute selber ausdenken, desto weniger lässt sich verkaufen...

Wichtig: Die Übergänge sind natürlich fließend. Auch Gary Gygax hat vermutlich, als er das erste mal ein Regelwerk schrieb, irgendwelche Anpassungen vorgenommen, die einzig der Tatsache geschuldet waren, dass er das Endergebnis verkaufen wollte. Ich glaube dennoch, dass hier ein entscheidender Unterschied besteht.

Ich würde aber behaupten, dass der eigentlich erstrebenswerte Zustand der ist, in dem Rollenspielprodukte gar keine Waren sind. So habe ich auch den Impuls, der zur OSR führte, verstanden.

Ach ja: Haus Hasbronnen? Danke dafür, ich hab schallend gelacht.

Hatte schon nach der Red-Scare-Erwähnung irgendwie eine Antwort parat, dass sich Anfang der achtziger in der Popkultur etwas geändert hatte - es war zumindest versteckte Kapitalismuskritik (Alien, Outland) zu finden. Ich zumindest muss bei "Imperialer Megakonzern" immer an Weyland-Yutani denken, und der eher dröge, neutrale Schreib - und Präsentationsstil unterstützt das noch.

Zur Ästhetik der Verbrauchten Zukunft: Rollo-Settings sind ja höchst selten in einer Utopie zu finden. Traveller's 3I kommt dem schon nahe ... es ist aber auch schon zu spüren, dass es eine Art Stagnation gibt, keinen visionären Aufbruch. Natürlich gibt es auch Settings wie Die Kultur von Ian Banks, aber die sind (m.E.) auch nur außerhalb dieser utopischen Welten und Gemeinschaften für Kampagnen/Abenteuer interessant.

Und es ist vielleicht kampagnenförderlicher, mit einer alten Klapperkiste als Raumschiff zu starten, von der man sich dann hocharbeiten kann, anstatt mit einem glänzenden Max TL- Schiff zu beginnen.

@Oger: Ich kann dir nicht ganz folgen, warum das 3I einer Utopie nahekommen soll. Das sehe ich ganz anders.

* Orangener Gurt im PJJ * Grüner Gürtel im Drama-Fu (Drachen-Stil) * Brauner Gürtel im Pyro-Fu * Night's Master im Ghoulu Jitsu * Gelber Gürtel im Tanelorn *
Zitat von ghoul am 11. Oktober 2021, 9:00 Uhr

@Oger: Ich kann dir nicht ganz folgen, warum das 3I einer Utopie nahekommen soll. Das sehe ich ganz anders.

Bei genauerer Betrachtung hat nur Star Trek eine Utopie, die stabil ist (ohne zu erklären, wie sie das eigentlich macht).

Das 3I hat geordnete Wirtschaftsverhältnisse, die meisten Welten sind weit genug von anderen Imperien entfernt und müssen sich allenfalls mit sich selbst beschäftigen, MVW hat offiziell nur das Imperium. Größere militärische Konflikte finden nur an den Grenzen statt. Hier und da eine kleine Piratenbande, ein paar Terroranschläge von Demokratieaktivisten oder einen insignifikanten Aufstand, um den sich das Imperium kümmern muss, aber nichts ernstes (aus Sicht des Imperiums).

Mit der Rebellion Era fällt das Kartenhaus in sich zusammen.

Aber andere Settings sind noch näher an der Dystopie, als es das 3I ist.

Pax Romanum. Ich verstehe was du meinst, bewerte das aber anders. 😉

* Orangener Gurt im PJJ * Grüner Gürtel im Drama-Fu (Drachen-Stil) * Brauner Gürtel im Pyro-Fu * Night's Master im Ghoulu Jitsu * Gelber Gürtel im Tanelorn *
Zitat von Theophrastos am 10. Oktober 2021, 10:57 Uhr

Da dachte ich, ich hab euch eingeholt und kann nun zeitnah kommentieren, zack, ist die nächste Folge draußen. Na gut, trotzdem.

Erstmal vielen Dank dafür, dass ihr mit Traveller weitermacht. Ich muss dieses Spiel spielen...

Ich fänd es ja hochinteressant, wenn ihr mal eine Traveller-Folge im Stile der allerersten Episode zum DMG machen würdet, sprich: einen Settingentwurf mit den Methoden (Subsystemen, hab ich gelernt), die Traveller bietet, konkretisiert und ausgestaltet.

Der eigentliche Grund meines Schreibens ist aber euer Teaser-Gespräch zu Beginn. Da Settembrini ja schon auf Marx Bezug nahm, erlaub ich mir den folgenden Einwurf:

Die entscheidenden Begriffe sind hier Warenproduktion einerseits, formelle und reelle Subsumtion andererseits, glaube ich. Das kann man an DnD wunderbar festmachen. In der Proto-Phase (ab ca. 1970?) wurde zwar eine Unmenge produziert – aber keine Waren. Es herrschte ein offener Ideenaustausch, der zu einer Kreativitätsexplosion führte.

Dann entstanden die ersten Produkte, die tatsächlich verkauft wurden – also Waren. Diese wurden zwar mit der Zielsetzung des Verkaufs produziert, aber der Produktionsprozess war nicht der Logik der Verwertung gemäß durchrationalisiert. Ich denke, das ist es auch, was zu den Qualitäten führt, die ihr am Beispiel des DMG demonstriert habt – Settembrini, du hattest es an irgendeiner Stelle mal sinngemäß so beschrieben, dass das Produkt dich immerzu implizit auffordert, selbst produktiv zu sein.

Dem folgt eine Entwicklung, die (hier folge ich einfach euren Darstellungen, ich habe viel zu wenig Ahnung von DnD) ab 1985 in Lorraine Williams und Dragonlance gipfelt. Hier ist die vollständige Durchrationalisierung soweit fortgeschritten, dass man von reeller Subsumtion sprechen kann – bis hin zu dem Punkt, dass Produkte überhaupt nur noch entstehen, weil ja etwas verkauft werden muss. Diese Logik hat zugleich ein Nullsummenspiel zwischen Verkaufserfolg und Kreativität der Kunden zur Folge: Je mehr sich die Leute selber ausdenken, desto weniger lässt sich verkaufen...

Wichtig: Die Übergänge sind natürlich fließend. Auch Gary Gygax hat vermutlich, als er das erste mal ein Regelwerk schrieb, irgendwelche Anpassungen vorgenommen, die einzig der Tatsache geschuldet waren, dass er das Endergebnis verkaufen wollte. Ich glaube dennoch, dass hier ein entscheidender Unterschied besteht.

Ich würde aber behaupten, dass der eigentlich erstrebenswerte Zustand der ist, in dem Rollenspielprodukte gar keine Waren sind. So habe ich auch den Impuls, der zur OSR führte, verstanden.

Ach ja: Haus Hasbronnen? Danke dafür, ich hab schallend gelacht.

Ah Danke für die Rückmeldung! Habe gerade Gäste und sehe das jetzt erst. Danke für die Hinweise, wir recherchieren gerade auch nochmal, um das besser auszuleuchten. Aber ja, genau wie du sagst ist es grundsätzlich gemeint. Subsumtion, da lese ich nach, das scheint ganz wichtig!

Was ja von Zizek und Co und ich meine auch "schon" bei Adorno & Co drinne ist: Der Kunde selbst verändert sich/wird so verändert, daß er nur noch kauft und gar keinen Gebrauchswert auch nur mehr erwartet, den quasi von sich ABLEHNT. COke Zero ohne Koffein. Wird gerade überall plakatiert...

@Traveller Utopie: So ist zumindest das alte 3I nicht gemeint. Da sind alle abgefuckt und außerhalb des Systems, 76 Patrons! und das 3I hat Geheimgefängnisse mit polit. Gefangenen (Kinunir usw.). Es ist maximal ne Pax Sylea, wie Ghoul sagt. In GURPS Traveller sieht das 3I aber viel "toller" aus, verklärt fast schon.

Zitat von Settembrini am 12. Oktober 2021, 9:16 Uhr

@Traveller Utopie: So ist zumindest das alte 3I nicht gemeint. Da sind alle abgefuckt und außerhalb des Systems, 76 Patrons! und das 3I hat Geheimgefängnisse mit polit. Gefangenen (Kinunir usw.). Es ist maximal ne Pax Sylea, wie Ghoul sagt. In GURPS Traveller sieht das 3I aber viel "toller" aus, verklärt fast schon.

Es sit aber eine wirtschaftsliberale Utopie! DER Nachtwächterstaat. Wieviel Zynismus da dann ist, das läßt CT sehr offen. T:NE macht via Nilsen da eine romantische Wende (Dieser noblesse ne pas obligee-Aufsatz!).

Zitat von Settembrini am 12. Oktober 2021, 9:16 Uhr

@Traveller Utopie: So ist zumindest das alte 3I nicht gemeint. Da sind alle abgefuckt und außerhalb des Systems, 76 Patrons! und das 3I hat Geheimgefängnisse mit polit. Gefangenen (Kinunir usw.). Es ist maximal ne Pax Sylea, wie Ghoul sagt. In GURPS Traveller sieht das 3I aber viel "toller" aus, verklärt fast schon.

Meine Meinung: GURPS Traveller machte das Imperium zu einem "Space Anglo-America", das es vorher nicht war und das auch keinen Sinn ergibt. Aber Ansätze davon gab es schon bei CT mit der ganzen FFW-Geschichte.

Das Imperium der frühen Jahre war nach meinem Eindruck viel stärker von Dune/Foundation/Flandry beeinflusst: Träge, dekadent, korrupt. Uralt, unglaublich groß und mächtig und gleichgültig gegenüber den winzigen Existenzen seiner Untertanen.

Ein Setting, in dem sich die SC durchschlagen. Erst später kam dann die Idee auf, dieses Setting zum Akteur zu machen, wie es andere Spiele getan haben, und dann in der Folge auch die Idee, dass sich die SC mit dem Imperium identifizieren sollten (statt ihm genau so gleichgültig gegenüberzustehen wie andersherum.)

Seite 1 von 2Nächste