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Zock Bock Radio: M. Pondsmith, Cyberpunk, Polizeigewalt und Revolution

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Schöner Artikel.

Interessant finde ich, dass Pondsmith tatsächlich zu den Autoren gehört hat, die sich noch tatsächlich in die Materie eingearbeitet haben (und ihre Expertise nicht aus zweiter Hand oder dem Konsum von anderen Medien/Spielen gewannen).

Auch das ist Traveller-Einfluss, würde ich sagen.

Mein Lieblingsbeispiel ist da ja das ACR aus LBB4. Praktisch 1:1 das Steyr ACR aus dem entsprechenden Army-Programm... nur dass LBB4 von 1979 ist und das Gewehr von 1987.

Die Leute damals hatten Ahnung.

A little Frank Chadwick goes a long way. Zu GDW ist aufjehn eine Folge geplant, mal sehen ob und wie Traveller dazwischen sich verhält.

Tragik von MegaTraveller: Die Expertise der GDW-Crew in "harten" (Militär, Handel, Raketenwissenschaft etc.) und die der DGP-Crew in "weichen" Dingen (Gesellschaftswissenschaften, Design&Software, Biologie etc.) kamen nicht zusammen - weil Chadwick, Brown & co. zu neuen Ufern aufgebrochen waren.

Daher wurde MegaTraveller dann dieses Ding mit wunderbarem Konzept und Design, tollem Task- und Abenteuersystem, einem brillianten Auge für Details und einem absolut grandiosem WBH
... aber einem uninspirierten Kampfsystem, das für militärische Auseinandersetzungen ganz unbrauchbar war, einem völlig verunglückten "mal eben HG2 rangeflanscht"-Raumkampfsystem, einem unveränderten Book-7-Handel und einem Fahrzeugdesignsystem, das ohne Not kritische Details über Bord geworfen hat.

Das Spiel hätte im Designteam sowohl jemanden haben müssen, der sich für armor sloping interessiert, als auch jemanden, der sich für reconfigurable controls interessiert.

Passend zum Thema gibt es ein Cyberpunk Humble Bundle mit haufenweise Material.

Zum Bundle

Zwei neue Anmerkungen:

Cyberpunk Red ist raus. Von dem, was ich mir bisher als Überblick verschaffen konnte, gewinne ich den Eindruck, dass es in Teilen eine gelungene Aufarbeitung von CP 2020 ist. Die Vormachtstellung des Solos ist gebrochen, alle Rollenfähigkeiten haben eine erweiterte spielmechanische Darstellung erhalten. Hinter ein paar Sachen muss ich ein Fragezeichen setzen, wie den Organisatorischen Aufbau, und die "Konstruktion von Geschichten". Vielleicht mache ich nochmal eine Rezension.

Zum Anderen: Johnny Silverhand ist irgendwie immer weniger ein Revoluzzer im klassischen Sinne für mich, sondern ein nihilistischer, zynischer Agitator, dem das eigentliche Wohl der Menschen genau so am Arsch vorbei geht wie den Konzernen.

Spoiler
Er wird ja in CP 2077 eine größere Rolle spielen - verkörpert von Keanu Reeves - und ich habe den Verdacht, dass eine der Endgame - Optionen sein wird, Night City unter seiner Ägide ein zweites Mal mit einer Atombombe hochzujagen, und/oder, dass er versucht, den Körper des Protagonisten zu übernehmen.

Ich finde schade, dass Pondsmith nicht mit der alternativen Geschichte im Detail gebrochen hat und sie im Jahr 2020 hat anfangen lassen, um so aktuelle Entwicklungen fortzuschreiben. Es stört mich ein wenig, dass große Teile der Future History jetzt schon Alternative History sind.

Ich weiß nicht, ob ich darüber hinweg käme. So fühlt sich das ein wenig an, als würde man die Dark Future der späten 80er weiterspielen, anstatt unsere eigene.

Ich habe aber nur den Jumpstart quergelesen, insofern kann mein Eindruck ganz falsch sein. Gibt es denn neue Zukunftsentwicklungen, die dem analytischen Scharfsinn des Ursprungswerkes gerecht werden?

Gibt es denn neue Zukunftsentwicklungen, die dem analytischen Scharfsinn des Ursprungswerkes gerecht werden?

Ich hätte diese Frage zuerst mit einem klaren "Nein" beantwortet. Dann fiel mir der Aufbau des Regelwerks auf ... Style over Substance, das Buch könnte locker 100 Seiten weniger haben. Kapitel werden angeteasert - wie Headlines auf einer Nachrichtenseite. Während ich das rein vom spielerischen her nicht mag (da darf es gerne die Struktur einer gut geschriebenen Gebrauchsanweisung haben), passt es irgendwie wieder auf einer künstlerischen Ebene und ist vielleicht auch als Botschaft genau so gemeint.

Werbe"einspielungen" von Bands wie Samurai und Heave Ho sind ebenso Werbung für die realen dahinterstehenden Bands, Promo für CP:2077 und irgendwie auch Selbstironie - und ist vielleicht auch eine Form von Gegenwartskritik.

Ansonsten bin ich noch nicht so tief drin, dass ich da klare Aussagen tätigen könnte, oberflächlich ist es eher ein Remake von 2020 als etwas komplett neues.

 

Komplett neu hat Mike ja schon mind. zweimal gemacht (Cyberpunk 3 und CyberGeneration), insofern sei ihm das.

Und gemacht hat er halt auch die Erfahrungen enstprechenden Reaktionen der Settingpuristen. Red finde ich da schon einenangenehmen Kompromiss zwischen Setting Weiterentwickeln und Anpassen an unsere Gegenwart. Jedenfalss nach dem Lesen und bespielen der Jumpstart Box.

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