Die Namenlose Episode

Zock-Bock-Radio Episode 13

Liebe und deren Entzug – DSA 3 bis 5 ventilieren wir. Vom Barbiespiel und seinen schönen Seiten über die 7 Gezeichneten bis hin zu Unheil über Arivor und die aktuelle DSA5-Produktion besprechen wir die großen Entwicklungslinien, mit besonderem Augenmerk auf die wechselnden Redaktionen. Tangenten bezüglich Myranor und sein Verhaltnis zu Myra, der Welt der Waben und Uthuria inklusive.

Shownotes

Aventurischer Podcast im Gespräch mit DSA-Autor Bernd Ochs

DSA-Doku auf YT

Wandeln in den Zeiten von DSA

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9 Kommentare

  1. Zu den DSA4-Regionalspielhilfen und den Sternchen-Mysterien:

    Die Sternchen-Mysterien (die zur freien Verfügung) waren leider häufig sehr langweilig und schwach beschrieben, während die ohne Sternchen oft sehr detailliert waren, sich aber Leute nicht rangetraut haben. Da haben viele Autor*Innen Ideen eingestreut, die sie eventuell mal später aufgreifen wollten, es aber aus verschiedenen Gründen nicht getan haben. Da wurde ganz viel in die Welt gesetzt nach dem Motto: Lasst aber besser mal die Finger davon, dazu kommt vielleicht noch was.

    Ich möchte auch noch etwas zu der Uthuria-Geschichte ergänzen:

    Uthuria wurde auf Cons angekündigt unter der Federführung von (ich glaube) Thomas Römer, Stefan Küppers und Patric Götz. Die waren Teil der damaligen DSA-Redaktion. Angedacht war damals, dass es erst Uthuria-Entdecker-Abenteuer geben soll, die mit einer Art Feedback-Bogen ausgestattet sein sollten, mit dem die Spielrunden Rückmeldung geben sollten was ihre jeweiligen Runden gemacht haben. Auf Basis dessen sollte dann ein Settingband erscheinen.

    Die zuständigen Redakteure sind dann gegangen/wurden gegangen, daraufhin gab es die Lizenz-Übertragung an Prometheus mit der Ankündigung, dass das Überfahrts-Abenteuer noch von Ulisses stammen soll, der ganze konkrete Uthuria-Kram aber von Prometheus.

    Dann wurde eben Prometheus die Lizenz entzogen und Ulisses hat recht schnell das angesprochene – kritisch rezipierte – Überfahrts-Abenteuer und eine Uthuria-Kampagne rausgebracht.

    An der ersten Uthuria-Beschreibung wurde v.a. kritisiert, dass der Kontinent Uthuria rein von der Dimension her nicht auf den Kontinent Dere passt. Das war eine recht simulationistische Kritik, es gab auch Probleme mit dem Abenteuer selbst. Aber auch für Herausforderungs-Spieler gab es zu wenig taktische Möglichkeiten, für „Stimmungsspieler“ gab es zu wenig sense of wonder und „Vorlesetexte“ etc.

    Angeblich (hier wirklich Hörensagen) wurden damals verzweifelt Autor*Innnen gesucht, die schnell noch Uthuria-Abenteuer schreiben würden. Daraus wurde eher wenig und Uthuria war eben fast gar nicht beschrieben, als DSA5 angekündigt wurde. Womit dann Uthuria quasi eingestellt worden ist.

    Das alle ist mE für den späteren DSA4-Kram symptomatisch:
    Ich hatte insb. zum Ende der DSA4-Ära den Eindruck, dass versucht wurde möglichst viele Spielertypen anzusprechen, aber am Ende kein einziger angesprochen wurde. DSA2 bis Anfang DSA4 hat glasklar Stimmungsspiel und Railroading gemacht. Das war der Standard. Wenn man das nicht wollte: Pech gehabt mit dem offiziellen Aventurien.

    Wenn man sich einige späte DSA4-Abenteuer (Splitterdämmerung z.B:) anschaut, dann lassen die sich nicht als Stimmungsspiel vom Blatt spielen, obwohl sie es zu großen Teilen noch sind. Sie lassen sich nicht simulationistisch spielen, obwohl sie das zumindest andeuten. Sie lassen sich nicht frei spielen, obwohl sie es behaupten. (Beispiel: „Die verlorenen Lande“, der Haffax-Plot als G7-Resteverwertung, die Regeln zum simulationistischen Spiel sind nicht nur untauglich, sondern widersprechen in allen Belangen dem angeblichen Ablauf des Abenteuers, es gibt klassisch-fantastische Szenen a la G7, die aber keinerlei Unterstützung bieten, es wird in der 20-seitigen Einleitung (für die man fast Aventurologie studiert haben muss) ständig die Freiheit des Abenteuers betont, aber es gibt sie nicht, wenn man das offiziell spielen will).

    Ein Problem dieser Spätphase von DSA4 war halt auch, dass die Redaktion ja noch den aventurischen Metaplot beschreiben, den G7-Kram abschließen sollte, während sie auch an der DSA5-Umstellung gearbeitet hat. Da verstehe ich auch, dass die Abenteuer Mängel haben.

    Aber um auch ein wenig DSA4-Liebe einzubringen:
    Die Settingboxen zu „Die dunklen Zeiten“ und „Gareth“ finde ich, trotz teilweise nerviger zusätzlicher Regeln, absolut hervorragend und die eignen sich auch sehr gut für freies Spiel und Sandboxing, es gab in der Zeit auch teilweise wirklich gute Abenteuer. Magnus „Unter Wudu“ natürlich, aber auch viel von Uli Lindner oder „Das Gleichgewicht der Macht“, das (quasi wirklich neu für DSA) sogar einen Teil des Metaplots (wenn auch einen sehr kleinen) von der jeweiligen Spielrunde frei bestimmen lässt. Oder „Beifang“, das klassische DSA-Momente bietet, aber eben ein völlig offenes Ende. Das mag sich heute nicht besonders anhören, aber für DSA war das was wirklich besonders.

    Das sind leider eher kleine Abenteuer, bei den großen gab es dann doch Probleme.

    Sonst würde ich noch sagen, dass der Fokus auf den Metaplot in der (in Foren aktiven) Spielerschaft arg zurückgegangen ist. Aber das nicht erst mit DSA5. Vorher wurden auch DSA4-Kampagnen wie G7 und Jahr des Feuers massiv besprochen und jedes Fitzel-Detail diskutiert, selbst die G7 wird auf Facebook aktiver besprochen, als der aktuelle DSA-Metaplot. Was ich aber auch angenehm finde.

    Ach so: Und in Bezug auf die Umzüge zu Ulisses: Es spricht sich Wald-Ems, nicht Wal(l)-Dems.

    1. Danke für die Ergänzungen! Über Wald-Ems habe ich mich die ganze Zeit gewundert. Was den Unterscheid zwischen Ankündigung udn Realität angeht, auf verschiedenen Ebenen…das muß man immer einpreisen, leider. Bei mir kommt dann halt der feste Eindruck auf, die wissen es nicht besser und haben halt am Ende wenig Ahnung. Die Alternative wäre ja, Absicht zu unterstellen.

      1. Ich glaube es ist weder ein Fall von böser Absicht noch von Unwissen.

        Im Rahmen der „Jahr des Feuers“-Kampagne gab es mal einen beteiligten Autor, der in irgendeinem der DSA-Foren (ich kann das gerade nicht recherchieren) sagte, dass beim Verlag die Mentalität galt: „I don’t need it good, I need it wednesday.“ (vielleicht war es auch tuesday 😉 )

        Insbesondere zu Umstellung DSA4/DSA5 hatte ich den gleichen Eindruck. Produkte müssen her und diese ganzen Metaplot-Elemente über hunderte Publikationen zu recherchieren ist unfassbar nervig, da viel mehr Zeit in Recherche des Hintergrunds als in Ausgestaltung und Planung der Abenteuer.

        Damit will ich sagen: Sie wussten es besser, aber konnten – angesichts der Situation – nicht besser.

        Mit DSA5 wurde ja auch der Metaplot quasi rebooted und versucht möglichst viele der alten Zöpfe abzuschneiden.

  2. Hallo Leute,
    Ich wollte nur kurz sagen das mir die Folge gut gefallen hat. Ich bin nach langer Pause erst mit DSA 5 auf Englisch wieder eingestiegen denn jetzt hatte ich ein Product das man hier Leuten in die Hand geben konnte mit denen die etwas anfangen konnten.

    Wenn ich ein DSA 4 Fan gewesen wäre, hätte mir 2011 vielleicht auch übel aufgestoßen, aber für mich glücklicherweise, ist das alles alte Geschichte für mich.

    Uns macht DSA 5 viel Spass gerade weil es noch ein wenig Fantastischer Realismus hat und Helden doch mit Konsequenzen ihrer Aktionen konfrontiert.

    Ich hatte gehofft ihr könntet eine Stimme finden die vielleicht den jetizgen Status quo positiv sieht.

    Alles gute und viel Spass beim spielen.

  3. Danke für die Folge. Diese Episode hat mir persönlich weniger gut gefallen als die Vorangegangene. Ich vermisse die starken Thesen und die großen Linien des Vorgängers. Und zwar nicht nur an und für sich, bezogen auf DSA4 und 5, sondern auch in Beziehung zu den Vorüberlegungen, also im Verhältnis zu DSA1, 2 und 3. Die Folge wirkt auf mich etwas angestückt.

    Das hat vermutlich damit zu tun, dass alle Beteiligten die Editionen 1 bis 3 tatsächlich, auch mit Herzblut, gespielt haben, zum Teil ja noch immer schätzen, aber niemand außer Rillenmani DSA4 aufwärts intimer kennt, will heißen: je richtig gespielt hat. Und mehr noch: dass das „Barbie-Spiel“ allgemein belächelt wird. Beim Stimmungsspiel war es etwas anders. Dafür hattet Ihr zwar wenig Sympathie, aber viel Empathie übrig. Beides greift hier ungünstig ineinander: vermutlich hätte man mehr Struktur und mehr Schmiss reinbringen können, wenn man DSA4 und DSA5 besser kennen würde und dem „Barbie-Spiel“ irgendwie, irgendwann einmal etwas abgewonnen hätte.

    Das ist schade. Das ist vor allem deshalb schade, weil niemand auf die verschiedenen Gesprächsangebote, die Rillenmanni verschiedentlich unterbreitet hat, eingehen konnte oder wollte. Dass man eine Woche lang (oder so) Helden erstellt – um ein Beispiel rauszugreifen – hat in meinem Umfeld auch so ähnlich stattgefunden und gehört meiner Meinung nach zu den Erfahrungen, die das DSA4-Gefühl ausgemacht haben, und, was man so mitbekommt: wohl noch immer ausmachen. In der Möglichkeit, einen Achaz Kristallomanten zu generieren, und der Unmöglichkeit, ihn in irgendeinem offiziellen Abenteuer, ja in irgendeiner Gruppe, die auf inneraventurische Stimmigkeit setzt, zu spielen, liegt eine ganz eigene Dialektik, die mit dem Hinweis auf das „Barbie-Spiel“ im Allgemeinen, Thomas Römer oder GURPS im Besonderen noch lange nicht ausdiskutiert ist.

    Produktiver als der angetippte Vergleich mit GURPS oder der entstehungsgeschichtliche Hinweis auf Myranor – sehr viel DSA4 steckt wohl auch schon in Kirche, Kulte, Ordenskrieger und im Compendium Salamandris – hätte womöglich ein Vergleich mit dem hauseigenen Abenteurspiel ausfallen können. Das was hier, also in DSA4, präsentiert wird, ist ja nicht einmal mehr Stimmungsspiel. Dieser absurd komplizierte Baukasten mit „Rassen“, „Rassen“-Varianten, Kulturen, Kulturvarianten, Professionen, Professionsvarianten, Vor- und Nachteilen, Sonderfertigkeiten, Steigerungstabellen und so weiter, der den Machern dann selbst so über den Kopf wächst, dass schon bald Wege der Helden notwendig wird, und die vollendete Vermessung der Welt in den grünen Bänden, greifen auf eine ganz bestimmte Art und Wiese ineinander: das Baukastensystem lenkt den Blick weg vom Außen, vom Abenteuer, hinein in das Innere des Abenteurers. Und wenn ich Aventurien entdecken möchte, dann muss ich nicht länger auf Abenteuer ausziehen, sondern die entsprechenden Spielhilfen studieren. Das ist doch – stärker noch als jedes Stimmungsspiel – die Antithese zum ergebnisoffenen, erlebnisorientierten Abenteuerspiel. Partizipative Elemente wie das Baroniespiel werden gedeckelt; die Spielwelt vollständig (oder besser: noch vollständiger) der Kontrolle der Redaktion unterworfen. Und im Gegenzug wird das letzte Element, das DSA3 mit seinen Vorgängereditionen, ja sogar mit seinen Wurzeln im alten Dungeons & Dragons verbindet, getilgt: der Zufall bei der Charaktererstellung. Wer damals von DSA3 auf DSA4 wechselte, ging jedes Einflusses auf die Spielwelt verlustig, und erhielt im Gegenzug die vollständige Kontrolle über seinen Helden.

    Was DSA3 in seinen Abenteuern gemacht hat, nämlich Lese- über Spielvergnügen zu stellen, macht DSA4 aus Prinzip: weniger Pen & Paper, mehr Book & Calculator. Aus dieser Perspektive zeigen sich die Vorläufer dann deutlich als Entwicklungsstufen und DSA5 als Schwundstufe zu einer Spielform, die das Begriffspaar Stimmungsspiel und „Barie-Spiel“ meiner Meinung nach nur unzureichend abbildet. Aber das all das mit Tagträumen, mit der Romantik, mit Kiesow, Römer und Wieser zu tun hat: darüber besteht für mich nach bald 8 Stunden Podcast kein Zweifel. Und dass ich diese 8 Stunden überhaupt investiert habe, spricht ja wohl auch für die Qualität des Podcasts. Danke.

    1. Danke fürs Zuhören und für das Lob! Das was Du zu den Mängeln der Episode ist gut „beobachtet“, besser: rausgehört – ich für meinen Teil muß aber sagen, daß ich das Maximum an Gutem zu DSA4 herausgearbeitet habe. Mehr wäre gespielt gewesen. Das, was Du so vorzüglich als DSA4 Phänomen vorstellst, habe ich mir ungefähr so vorgestellt und kam glaube ich auch durch Rillenmanni durchaus zumindest zum Vorschein. Jedoch sollen andere geren die Möglichkeit haben DSA4 in aller Tiefe zu preisen und zu analysieren und zu retrospekten, mir fehlt da die Motivation, weil, wie Du ja sagst, es für mich quasi der Anti-Christ des Hobbys ist. 1 Woche SCs zu generieren ist aus meiner Sicht ne Parabeschäftigung der ich nichts Gutes mehr Abgewinnen kann, außer allgmeiner Liebe gegenüber den Menschen, denen es etwas gab. Zumal das Klima unter den Autoren ja durchaus widerwärtig wurde, in dieser DSA4-Zeit, was wir absichtlich nur streifen, um doch möglichst viel Positives zu betonen. Je tiefer man da einsteigt, desto mehr hat sich meine Privatthese von Ausgrenzung, Macht und Haß in einer größenwahnsinnigen Kleinkariertheit, die mir den Atem verschlägt als andere Seite der DSA-Madaillie verfestigt, gerade innerhalb der engeren Macherszene.

  4. Danke für deinen Kommentar und die Gedanken zur Entwicklung von DSA 3 nach DSA 4 und ihrer Abgrenzung.
    Dafür, dass keine Liebe für das Barbiespiel für dich sichtbar wurde, möchte ich mich entschuldigen. Mir ist das nämlich tatsächlich ein großer Genuss (den ich allerdings nie wirklich mit DSA 4 bedient habe) und dass ich das nicht transportiert habe tut mir entsprechend leid.

  5. Interessant, dass Ihr als DSA-Kritiker und ich als langjaehriger Fan dann doch die „Professionalisierung“ durch Ulisses der letzten Jahre ganz aehnlich beurteilen – da habe ich zum ersten Mal seit Beginn Eurer (sehr amuesanten!) DSA-Reihe energisch genickt. Vielen Dank jedenfalls fuer Eure polemische Offenheit – ich finde es sehr erfrischend, dass jemand mal nicht mit der Meinung hinter dem Berg haelt.

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