Disputorium

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Das soziomilitärische Problem im BTU

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Aaalso...

Motiviert von Wulfhelms BT-Faden mache ich hier Mal einen Faden auf, um über ein-zwei Probleme zu reden, die ich so im BTU sehe.

Vorab ein paar Setzungen, Vereinfachungen:

  • Die durchschnittliche besiedelte Welt in der Inneren Sphäre hat eine Population von 500 Mio. Einwohnern.
  • Auf 100 000 Einwohner kommt ein Adeliger mit Titel (als Oberhaupt einer Familie). Das bedeutet für unseren Beispielplaneten etwa 5000 Aristokraten.
  • Die USA zu Grunde gelegt, gibt es eine Militarisierungsrate von etwa einem halben Prozent. Das bedeutet, das etwa 2,5 Millionen Bürger des Beispielplaneten in den Streitkräften dienen. In guten Zeiten. Bei einer Mobilisierung könnte sich diese Zahl noch drastisch erhöhen.
  • Es braucht für eine erfolgreiche Besatzung einen Besatzer pro 20-1000 Einwohner, also im vorliegenden Fall 500.000 bis 25 Millionen. (Ich habe den leisen Verdacht, dass das die Hauptrolle des Heeres bei Traveller ist.)

Schlussfolgerungen:

  1. Selbst wenn nur ein kleiner Teil der Adeligen Mechs (mindestens 1) haben, sagen wir 5%, bedeutet das für den Planeten 250 Stück, und selbst wenn die Hälfte davon auf anderen Planeten dient, haben wir immer noch etwas über einem Standardregiment auf dem Planeten rumstehen. Es wird jedoch anders beschrieben, der Schwertadel-Anteil ist eigentlich viel größer. Und wir reden noch nicht einmal über Panzer und Flugzeuge. Und wenn die Idee da ist, das die meisten MechKrieger keinen Titel haben, müsste die Zahl von Mechs weit höher sein.
  2. Wenn wir davon ausgehen, das nur 10% der Truppe kampfbereite Infanterie sind, also 250.000 Mann, sind das gut 250 Regimenter, oder 6750 Züge Infanterie. (Viel Spaß am Kopierer.) So'n Mechpilot mag vielleicht über ne einzelne Kompanie lachen, aber ich glaube, es gibt genügend (adelige) Kommandeure, die irgendwann den Zhukov geben und Mechs regimentsweise angreifen lassen. Siehe auch das Cover einer der früheren Boxen.
  3. Folgt man dann der Logik, dass der Angreifer die dreifache Übermacht braucht, sind wir bei neun Overlords für die Mechs alleine - ohne Truppentransporter für die konv. Truppen und Frachter für Nachschub.
  4. Besatzung: selbst wenn wir davon ausgehen, dass ungefähr die Hälfte der alten Machtstruktur kollaboriert, was vielleicht nicht Mal wahrscheinlich ist, muss der Eroberer Hunderttausende bis Millionen auf den Planeten versetzen. Und das dann, im Rahmen einer geglückten Großoffensive, 10-40x. Das geben die Zahlen an Raumschiffen irgendwie nicht her.

Mit Mechs hast Du eine Mittelalter-Situation: Infanterie weigert sich in großer Zahl gegen Mechs anzutreten.Die Mobilität und Panzerung und vor allem Reichweite von Mechs ist so groß, daß einfach die Sache als Selbstmord angesehen wird. Infanterie zum Angriff gegen solche Gegner zu bewegen ist ein jahrtausendealtes Problem, was immer nur ab und zu gelöst wird.

Wenn Du mal ein Gefecht mit BattleForce machst, wird das überdeutlich sehen, daß die sich Weigernden auch einfach meistens Recht haben. Mit einer Lanze kannst Du problemlos alle Infanterieregimenter, die der Gegner haben mag, ausschalten. Infanterie gegen Mechs kann nur in der Verteidigung was reißen, aber auch da kann jeder Mech bequem erst alle Stellungen zerlasern.

Kurz zusammengefasst:

Die kanonische Bevölkerung des BTU ist viel zu groß, um für die kanonischen Ereignisse Sinn zu ergeben. Sehe ich (seit vielen Jahren) auch so.

Lösung: Verkleinern. Ich gehe bei den gelisteten Hauptwelten mit Faktor 10 zu Werke. Und auch dann sind zu deren Eroberung monate- bis jahrelange Feldzüge notwendig, bei denen man erst einen Brückenkopf etabliert und dann langsam im Pendelverkehr die Truppenmasse an Fahrzeugen und Infanterie von seinen eigenen Welten heranführt.

Bei allen anderen Welten noch mal mindestens eine Größenordnung geringer. Das sind dann so eher die Gefilde, bei denen man  mit überlegenen Truppen den Hauptwiderstand innerhalb relativ kurzer Zeit komplett brechen kann, und dann in aller Ruhe die Besatzungstruppen eintrudeln lässt, weil vom Gegner nur noch demoralisierte und nicht-mobile Truppen übrig sind.

(Das ist übrigens so eine Sache: Du hast mit der "Durchschnittswelt" von 500 Millionen gerechnet - aber das ist ja noch geschönt. Welten mit 4.5 Milliarden+ kanonischen Einwohnern werden mit Verteidigern in Höhe von 10-20 Panzer- und Infanterieregimentern gelistet und genau so per Wham-Bam-Thank you Ma'am-2-Wochen-Invasion abgeräumt.)

Diese komplette(!) Diskussion hatten wir übrigens im leider verschwundenen alten Disputorium schon mal, einschließlich der konsequenten Weigerung seitens Settembrinis, irgend etwas anderes als BattleForce 1 (und auch da nur die mitgelieferten Counter, bitteschön! - dafür unter Einbeziehung der in diesem System gar nicht vorgesehenen Extremreichweiten) als aussagekräftig anzusehen.

Ich denke nicht, dass es da noch mal andere Ergebnisse geben wird. Grundlegend gibt es drei Herangehensweisen:
a.) Was im Kanon steht, ist wahr, ergibt Sinn, und man muss nur den richtigen Exegeseschlüssel anwenden. (Sett)
b.) Was im Kanon steht, ist widersprüchlicher Unsinn, und wenn man dem abhelfen will, muss man den Kanon unter Nutzung seines eigenen Verstandes umschreiben. (ich)
c.) Was im Kanon steht, ist vermutlich widersprüchlicher Unsinn, aber das ist mir egal, weil ich coole Riesenrobotergefechte mit cooler SF-Stimmung will und ich Logikbrüche problemlos ausblende. (die meisten anderen)

Diskussionen mit Vertretern anderer Grundpositionen zu diesem Thema sind sinnlos.

ich gehe davon aus, das ein normaler Planet viel weniger Mechs hat, vielleicht um die 50-100.

Das leitet sich zumindest aus dem Setting her, wo du mit 3 Lanzen schwerer Mechs schon fast nen Planeten erobern kannst.

Infanterie würde ich schätzen, das die gegen mechs im Grunde nichts tun kann, auch wenns keinen Sinn macht, wird im Setting halt so dargestellt.

Der Angreifer braucht auch keine 3-fache übermacht, der muss nur besser sein. Mechkämpfe geben dem Verteidiger keinen Vorteil, laut Setting.

Die Mechs sind ja teilweile Lostech, bzw. sehr schwer zu bauen und/oder teuer im Unterhalt, insofern kann man deren Anzahl beleibig begrenzen. Und dann muss man bedenken, das die mechs eh Mist sind, normalerweise würde da die Infanterie mit panzerabwehrwaffen drauf, und die wären kaputt. Da muss man die Logik schon ausschalten.

 

Ich tendiere latent zu b). Nur dass ich in die andere Richtung laufe und Dinge eher größer mache.

Meine Erklärung für die Situation wäre, dass die Hauslords und -ladys allesamt zwar vielleicht die Mehrheit der Truppen stellen - aber allerhöchstens knapp, und die Herzöge wichtiger Welten wissen das. Etwaige Loyalität ist nur nach außen unverbrüchlich, und muss vom Souverän immer wieder erkauft oder anders erreicht werden. Und so bricht sich das ganze runter bis auf die untersten Ebenen des Adels, dessen Gehorsam ebenfalls bis zu einem gewissen Punkt verhandelt und erzwungen werden muss ... Bis sich irgendwer oben in der Nahrungskette dazu entscheidet, das Lehen neu zu vergeben.

Demzufolge stellen die Hausbücher für mich immer nur dar, über welche Truppen die Souveräne selbst verfügen - die Armee der Vereinigten Sonnen ist die Armee Haus Davions, nicht die der Haseks und anderen Lords der Mark Capella.

Ich persönlich neige auch dazu, die Karten so zu interpretieren, dass sie nur bedeutende Welten zeigen - und dass es zwischen den berühmten Systemen eine Menge kleinerer unbekannter Kolonien gibt, die ggf. wegen des technologischen Verfalls aufgegeben wurden.

 

Zitat von Settembrini am 24. August 2023, 12:34 Uhr

Mit Mechs hast Du eine Mittelalter-Situation: Infanterie weigert sich in großer Zahl gegen Mechs anzutreten.Die Mobilität und Panzerung und vor allem Reichweite von Mechs ist so groß, daß einfach die Sache als Selbstmord angesehen wird. Infanterie zum Angriff gegen solche Gegner zu bewegen ist ein jahrtausendealtes Problem, was immer nur ab und zu gelöst wird.

Wenn Du mal ein Gefecht mit BattleForce machst, wird das überdeutlich sehen, daß die sich Weigernden auch einfach meistens Recht haben. Mit einer Lanze kannst Du problemlos alle Infanterieregimenter, die der Gegner haben mag, ausschalten. Infanterie gegen Mechs kann nur in der Verteidigung was reißen, aber auch da kann jeder Mech bequem erst alle Stellungen zerlasern.

Das funktioniert nur, wenn man einer bestimmten Logik folgt, in der überlegene Tech kriegsentscheidend ist. (Oder überlegene Zahl. Aber das ist ein anderes Thema.)

Wie wir seit Afghanistan wissen: Etwas in den Besitz zu bringen, heißt nicht unbedingt, es zu halten. (Glaube, dafür ist die Spalte" Polizeiaktion" für Ereignisse bei MW1+2 gedacht.)  Und Afghanistan ist ein gutes Beispiel, weil die Sozialstruktur auf nicht wenigen Welten, gerade an den Grenzen, eine ähnliche sein dürfte.

Wir wurden in Afghanistan von vergleichsweise schlecht ausgebildeten Männern ohne Schutzausstattung, mit veralteten Waffen und zivilen Fahrzeugen in Sandalen besiegt.

Aufstandsentstehung ist mittlerweile gut belegt und erforscht (es gibt ein öffentliches Manual der US Army zu dem Thema), und alleine, wenn man den Osteraufstand und die britische Reaktion darauf studiert, kann man wichtige Informationen gewinnen.

Klar kann man eine Stadt rebellischer Aufständischer (oder tapfere Loyalisten, je nach Lesart) in Schutt und Asche legen.

Manche tun es sogar.

Nur wird das möglicherweise zu mehr Widerstand führen, der noch mehr Gewalt erfordert.

Und ich meine mich zu erinnern, dass der Kampf in einer Stadt gegen die inoffiziellen Kriegsregeln ist, die sich die neofeudale Ritterkaste aufgestellt hat...

... Was letztendlich Infanterie und Häuserkampf unabdingbar macht. Oder zumindest, der kluge Einsatz verbundener Waffen.

Battleforce ist in soweit schadhaft, dass es eher die Ideen der Stackpole-Fraktion, weniger der Keithfraktion unter den Designern widerspiegelt. Ich gehe da schon eher konform mit Succession Wars.

(Ich glaube, ich habe das schon an anderer Stelle geschrieben: Es fehlen Regeln für Moralwürfe in BT. Wann gibt eine Seite tatsächlich auf? Welche Entscheidungen, Handlungen und Ereignisse beeinflussen die Moral der eigenen Truppen positiv, welche negativ?)

"I'll fight for ya, serrh, to the death, an' all my men will do so, too - but, serrh, cum up with a reason for us to do so."

Fehlende Moral: Ich vermute, dass das mit der (regeltechnischen/spielerischen) Darstellung der Mechkrieger als Individuen zusammenhängt. Volle Kontrolle über die "eigene" Personnage als bereits akzeptiertes Paradigma.

Current thinking of this agency: 10 Ignores

Also "Erste Person Siwngular"?

Was den Erfolg in D erklären würde/sarc

Zitat von Der Oger am 24. August 2023, 22:18 Uhr

Ich tendiere latent zu b). Nur dass ich in die andere Richtung laufe und Dinge eher größer mache.

Das geht auch, ist aber für meine Zwecke, nämlich die primäre Nutzung als auch-Rollenspiel, mMn unattraktiv. Ich möchte ja gerade, dass die Söldnerkompanie der Spieler auf einer durchschnittlichen Welt schon erhebliches Gewicht hat.

Was die Technologie angeht: Wie gesagt kann man das nur postulieren, wenn man extrem selektiv vorgeht. Billige ICE-Panzer mit AKs, SRMs und LRMs, Infanterie mit AK/5- und AK/2-Feldgeschützen, Hubschrauber und konventionelle Jäger - all diese Sachen gibt es. Und es ist kein logischer Grund denkbar, warum eine (notwendigerweise) industrialisierte Welt mit Milliarden Einwohnern das nicht in rauen Mengen zur Verfügung haben sollte.

Zitat von Der Oger am 24. August 2023, 22:47 Uhr

Also "Erste Person Siwngular"?

Was den Erfolg in D erklären würde/sarc

Es gab schon seit Maximum Tech Moralwürfe. Aber eben nicht für Mechs. Im Grunde genau mit der Begründung IIRC: Die Mechkrieger, geschützt durch ihre mächtige Kriegsmaschine, sind davon nicht betroffen.

Ich find' das auch etwas arm, und es ergibt auch wenig Sinn, weil das Leben als Mechkrieger durchaus extrem gefährlich ist, wenn man Gefechte bis zum bitteren Ende durchkämpft. Aber da ich wie gesagt BattleTech üblicherweise als Rollenspielkampagne (mit mir als Spielleiter) erlebe, ist das kein so großes Problem. Ich schätze für die NSC ab, wann die Moral zu bröckeln beginnt, und bei den SC bröckelt die Moral je nach Situation sowieso in angemessenem Maße.

Das größere Problem (oder auch der interessantere Aspekt) ist, dass Rückzug meistens keine realistische Möglichkeit ist. Wenn du mit den Gegner-Mechs im Clinch in <10 Feldern Radius bist und sich die Sache schlecht entwickelt, kannst du nicht einfach sagen "Smoke Bomb!" und dich verziehen.

Stattdessen musst du vermutlich verhandeln. Das passt ja durchaus auch ins Condottiere-Milieu, das in BTech der frühen Tage oft angedeutet, aber selten wirklich umgesetzt wurde. "Okay, ihr lasst uns ziehen. Ein Restrisiko durch uns verbleibt, aber ihr habt die besseren Karten, also bieten wir euch unsere Kühlmitteltransporter, 20 Tonnen Muni und unser mobiles Ersatzteillager."

Eine der wenigen Sachen beim guten alten MegaMekNET, die wirklich gut und interessant waren. (Wobei die dort üblichen Kapitulationsbedingungen im realen BattleTech wieder problematisch wären...)

Ich bin da sicherlich durch den Herrn Hofrat geprägt aber auch beim (relativ begrenzten) selbststudium hatte ich so den Eindruck, dass das gros der konventionellen Streitkräfte sich halt bei so einem Mech-Angriff lieber raus hält und wenn es sie überhaupt interessiert welche Fraktion ihren Planeten diese Woche besitzt (oder besetzt), sie trotdem lieber die Zeit aussitzen, bis der vorbesitzer selbst mit MECH Verstärkung zurück kommt. So als folge vor allem der Ares Konvention und der massiven Verwüstungen der frühen Nachfolgekriege zusammen mit dem ziemlich sicheren Verlust zumindest einiger konventioneller mitter und fahrzeuge und soldaten. Eine effektive verteidigung in strong points können die zwar leisten, einen angriff auf eine Mech/Aero einheit die eine Landezone für besatzungstruppen sichert aber nur mit massiven Verlusten. Es ist halt für ALLE Beteiligten günstiger, die Mechs in der Tundra das unter sich auszufechten. Das gilt zumindest denke ich so für die meissten Grenzwelten. In den Kerngebieten sieht das schon eher anders aus, aber deshalb macht man da ja auch nur Lightning-Raids

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