Disputorium

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Political correctness & D&D

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Zitat von Lord Verminaard am 23. Juni 2020, 17:43 Uhr
Zitat von Settembrini am 23. Juni 2020, 12:13 Uhr

@Archo: ich finde diese Montage nicht so cool. Weil sie über Bande genau das Problem mitbefeuert, daß ich oben anpsrach. Ob absichtlich oder aus Tappsigkeit weiß ich nicht. Ist mißverständlich.

Finde das von den Schlüsselworten her schon recht eindeutig politisch zuzuordnen. Inklusive diverser Referenzen auf realweltliche postfaktische Argumentationsketten. Insofern gar nicht cool.

...

Ist ja auch nicht cool gedacht, sondern (wie immer bei mir) stark polemisierend und mit dem Finger auf der Wunde. Ich persönlich halte nämlich von Diversity, Gender-Bender, Greta Thunfisch, Elektromonströsität, BLM und so  weiter etc pp genausoviel wie von der sozialistischen Weltrepublik .... NIX!

Die Ork-Zeitung legt aus meiner Sicht den Finger in die Wunde - und es ist ja nun nicht so, als ob irgendwelche SJWs nicht dauernd versuchen würden JRR T. in die Ecke des pösenpösen rechten Nazi-Rassisten zu stellen - gerade wegen der Orks. Insofern passt die Zeitung hervorragend. Wenn sich nun eben die AFD, die AltRight oder die grünen Männchen von Alpha-Centauri zufällig der selben Polemik wie ich bedienen, dann ist das eben so ... sagt aber zunächst einmal gar nichts über meine persönlichen politischen Denkrichtungen aus. Und bevor die Frage kommt: steck den ganzen Bundestag (alle Fraktionen) in einen Sack und Knüppl drüber ... du kannst nicht den Falschen treffen. Damit sollte dies (hoffentlich) auch geklärt sein. [Disclaimer: natürlich nur symbolisch,  da ich als überzeugter Pazifist natürlich gegen jedwede Form von Gewalt bin].

Mich kotzt die aktuelle PC-Kultur nur noch an; es ist nicht mehr meine Welt und mir graust vor der Zukunft. Aber damit werde ich eben leben müssen. Gott-sei-Dank geht die Scheiße ja nur noch höchstens nochmal so lange, wie ich bereits hinter mir habe - wenigstens ein Lichtblick 🙂 .

Stimme der Vernunft. 4E Archoangel - love me or leave me!

Du mußt aber auch die Realität sehen, daß 99% der Medien und Kulturumsätze mit nicht-PC Produkten gemacht wird. Und sich 99% der Bevölkerung nicht an die sich ständig verändernden Sprachregelungen "halten".

Zitat von Rhylthar am 23. Juni 2020, 18:23 Uhr

Du hast es doch oben eigentlich schon selber erläutert:
Es "muss" nicht das zentrale Thema sein. "Man" (also Käufergruppen) möchte nur, dass bestimmte Sachen überhaupt oder mehr enthalten sind.

Und man muss ja auch dazusagen: Besser gar nicht als schlecht gemacht.

Ansonsten ist es aber durchaus meiner Meinung auch immer gute Public Relation; so gut wie niemand kauft(e) Krombacher "nur", weil man damit den Regenwald unterstützt(e). Aber wenn mir die Sorte/Preis egal ist, kann eben diese kleine (für das Bier an sich unwichtige) Sache den Ausschlag zum Kauf geben.

Dem kann ich nicht ganz folgen.

Wenn die einzige Alternativ zu "gar nicht" alleine "schlecht gemacht" wäre, sollte man* sich vielleicht mit der Kritik an guten, wenn auch vielleicht nicht perfekt gemachten kommerziellen Produkten traditioneller Machart zurückhalten und von denen nicht die Übernahme eigener politischer Überzeugungen lautstark einfordern. (Immerhin liest man gerade aus der Richtung nicht selten, man solle doch woanders hingehen und sein eigenes Ding machen, wenn es einem nicht passt.)

* mit "man" meine ich jetzt nicht Dich, sondern die entsprechenden Kritiker in der Szene / den sozialen Medien

Der Unterschied zwischen den Orks/gendergerechter Sprache/Diversity einerseits  und der Regenwaldaktion von Krombacher ist, dass man mit dem Argument "Regenwalt schützen" wohl keinen Käufer in Deutschland verprellen wird. Wer würde das Bier schon alleine aus dem Grund nicht trinken, weil der Herstelle ein wenig für den Regenwald tut? Das Thema polarisiert vielleicht in Brasilien, aber nicht in dem für Krombacher relevanten Markt. Manchen Ausprägungen sog. gendergerechter Sprache polarisieren aber durchaus und stellen daher nicht denknotwendig gute Public Relation dar.

Ob die Umstellung von Rollenspielprodukten auf sog. gendergerechte Sprache tatsächlich in jeder Variante gute Public Relation ist, das ist ja gerade meine Frage! Ich wäre wirklich interessiert, hierzu ein offenes und ehrliches Wort eines Verlages hören. Verkauft sich ein Produkt in für den Käufer offen ausgewiesen gendergerechter Sprache besser oder schlechter als ein gleichzeitig erschienenes hinreichend vergleichbares Produkt gemäß den offiziellen deutschen Sprachregeln?

Ich erinnere gerade kein Rollenspielbuch, bei dem in der Werbung hierzu oder auf dem Buchrücken deutlich erkennbar auf die Verwendung gendergerechter Sprache bzw. welcher Variante davon zu Werbezwecken hingewiesen worden wäre. Wäre es gute Public Relation, müsste es doch eigentlich draufstehen. Nach meinem Eindruck wird das von den Verlagen tunlichst vermieden. Selbst Rezensenten vermeiden es nach meinem Gefühl in Foren (wo man mit Reaktionen rechnen muss) zumeist, auch nur einen rein sachlichen Hinweis zur gewählten Sprachvariante zwecks Information des Lesers aufzunehmen, damit dieser individuell hieraus einen Plus- oder Minuspunkt für seine Kaufentscheidung generieren kann. Wäre doch eigentlich eine neutrale Erwähnung in einer kleinen Kategorie wert, ähnlich etwa der graphischen Gestaltung etc. Scheint man aber eher vor zurückzuschrecken.

Bei Diversität gilt entsprechendes, wobei mir persönlich das Thema ziemlich egal ist, wenn hierdurch nicht ein in der (vergangenen oder gegenwärtigen) Realität spielendes RPG hierdurch zu einer Verzerrung der tatsächlichen Gegebenheiten gezwungen wird. (Würde etwa Deversity-Gedankengut dazu führen, dass - um mal ein Beispiel zu konstruieren - in einem Schwarzwalddorf der 1920er unvermittelt und als sei es das selbstverständlichste von der Welt Menschen anderer ethnischer Herkunft mit anderen Hautfarben, fremdländischen Glaubensrichtungen etc. auftreten oder seinerzeit geächtete sexuelle Orientierungen offen ausgelebt werden, dann würde das für mich die Atmosphäre des historischen Settings zerstören; geheimgehaltene Homosexualität und der hieraus resultierende Leidensdruck mag aber z.B. Thema sein, denn das wäre im historischen Kontext plausibel. Da kann man durchaus anderer Ansicht sein und es auch anders spielen, das sei jedem unbenommen.)

All dead! All dead!

Ich würde nicht in den Extremen denken.

Es gibt z. B. "Nyambe d20, African Adventures", bei dem mMn nur im Namen "Afrika" drinsteckt.
Es gibt in den sozialen Medien Leute, denen macht man es nur recht, wenn es exakt nach ihren Bestimmungen geht (also fast immer alles noch "zu wenig" ist).

Aber es gibt ja auch Mittelwege. Wo wir wieder imho bei WotC sind.

Ob man mit "Regenwald schützen" keinen Käufer verprellt, weiss ich nicht. Gibt doch auch immer die Grummler, die es als billigen Marketing-Trick abstempeln und deswegen es aus Protest nicht kaufen. Verquere Logik, aber soll es geben. Bei der gendergerechten Sprache magst Du recht behalten, aber nehmen wir doch andere Dinge, die ich angesprochen habe: Hautfarbe, Geschlecht, sexuelle Präferenz...alles divers dargestellt. Ja, genau an diesem Ruf arbeitet WotC in meinen Augen, egal, ob sie es als Platzhirsch jetzt müssten oder nicht.

Ich bin mir mittlerweile auch nicht mehr sicher, ob das Problem mir "gendergerechter Sprache" nicht ein Stellvertreter ist für ander Dinge; nämlich, dass eine Seite dies als aufgezwungen empfindet, während die andere Seite es als absolut notwendig und überfällig ansieht.

Zitat von Settembrini am 23. Juni 2020, 6:52 Uhr

Was ich sehe, ist eine weitere Spaltung: Wer sein Entertainment politisiert wird Arbeiter/Blue Collar Publikum und andere Unterpriviligierte abschrecken. Diese Form der vorauseilenden "Correctness" war bislang immer nur Klassenkampf von oben und diente als schnell sich änderndes Shibboleth für das "richtige" Elternhaus.

Bingo.
Eine Diskussion von oben herab durch sich global fühlende "Wissensarbeiter" in Kultur und Journalismus, die Privilegien grundsätzlich nie ökonomisch begreifen, weil sie da voll auf Seite der Hochprivilegierten stehen, sondern nur anhand vermeintlich feststehender individueller Eigenschaften.

Wobei Rollenspieler da ein bißchen querschießen, weil die Spielerschaft da doch, was die sozioökonomische Schichtung und den Bildungsweg angeht, sehr viel diverser ist als die Proponenten der "Correctness" für die jeweils tagesaktuellen Unterprivilegierten, die gewissermaßen als moralische Haustiere das Bedürfnis der "Korrekten" an leidender Hilfsbedürftigkeit erfüllen.

Will sagen, der Standard "Natürlich aus Akademikerhaushalt, natürlich Abi, (früher: natürlich verweigert), natürlich studiert, natürlich ein Schreib/Pädagogik-job, natürlich politisch links" ist bei Rollenspielern seltener, als man manchmal den Eindruck haben kann.

Was ich mittlerweile glaube:

Neunzig Prozent derjenigen, die diesen Kulturklassenkampf von Oben im Internet befeuern, hätten in RL nicht das Rückgrat dazu, sagen wir, gegen sexuelle Belästigung und Rassissmus am Arbeitsplatz einzuschreiten und ggf. ihre Karriere zu riskieren.

Irgendwo muss man ja mit seinen Aggressionen und unbewältigten Schuldgefühlen hin.

 

Ich muß selber etwas zurückrudern, jedoch: Was hat WotC denn gesagt? Doch nur, daß man auf der Seite der Schwachen steht und in Zukunft achtsamer sein wird. Die ganzen anderen Sachen scheinen irgendwelche Forendisussionen gewesen zu sein?

Insofern habe ich vlt. anders reagiert: Ich dachte, viele Mosnter sollten nun keine Monsgter mehr sein und niemand bekommt mehr Boni. Wohl einer Ente aufgesessen?

Was WotC gesagt hat, steht ja auf der Seite. Ein bißchen was an sich vernünftiges, das nicht sehr zu D&D passt (Orks und Drow als "kulturell komplexe Völker", was immer das heißen soll), ein bißchen was zum mit-den-Augen-rollen (Zigeunerstereotypen in "Curse of Strahd" müssen weg), ein bißchen was für den Kopf auf die Tischplatte (sensitivity readers).

Aber das mit dem Abschaffen der Boni für die Rassen (und ehrlich, was soll das, kommt mir nicht mit Ancestries oder Peoples... verzichtet auf das Konzept oder nicht) steht auch drin. Also schön, als Option, aber das heißt dann ja, jeder kann's halten wie ein Mensch und sich den Bonus beliebig verteilen.

Andererseits macht das den Kohl ja irgendwie auch nicht mehr fett. Die D&D-Rassen waren, was die körperlichen Eigenschaften angeht, schon immer lächerlich. Halblinge haben die Körpergröße eines 2-3-jährigen Kleinkindes und sind fast (oder bald: genau) so stark wie erwachsene Menschen.

Was mir aber wirklich grandios auf den Geist geht, ist dieses totale Niederreißen aller Grenzen zwischen Fiktion und Realität. Dieses unglaublich dumme, platte Dogma, dass alle fiktiven Darstellungen sich irgendwie an die Realität anpassen müssen - und dann noch so selektiv.

Es ist ein wirklich grauenvolles Menschenbild, das uns allen unterstellt, dass wir so doof sind, dass wir Stereotypen über Orks als Stereotypen über andere Menschen in die reale Welt tragen. Dass wir so triebgesteuert sind, dass wir Frauen herabwürdigen, weil wir in einem Rollenspielbuch eine Elfe im Kettenbikini sehen. Es geht von uns allen als zu erziehende, leicht zu beeinflussende Kinder aus, die keinen schädlichen Bildern ausgesetzt werden dürfen, weil wir die dann vermeintlich kritik- und reflexionslos für bare Münze nehmen.

Es ist eine einzige Beleidigung.

sensitivity readers sind für mich der Teil, der ein Klassenkampf-Shibboleth ist. Kann ich aber erstmal drüber hinwegsehen.

Wovor ich einigermaßen Angst habe (vielleicht volkommen zu Unrecht): Daß solche Maßnahmen hintenrum genutzt werden, um DIY-Sachen und den Gedanken zu diskreditieren: "Hier, nehmt nur unsere Gütesiegelfantasien! Ihr seid nicht in der Lage selbst etwas geprüftes zu erzeugen! Wenn Du Deine eigenen Module machst, ist das viel zu gefährlich!".

Ein wenig paranoid die Vorstellung(?), aber eine Befürchtung, die ich eben habe, weswegen ich skeptischer bin als manch anderer hier.

Sollte es niemals dazu kommen: perfekt! Sollte es in diese Richtung gehen: schlecht.

Zitat von Settembrini am 26. Juni 2020, 5:57 Uhr

Wovor ich einigermaßen Angst habe (vielleicht volkommen zu Unrecht): Daß solche Maßnahmen hintenrum genutzt werden, um DIY-Sachen und den Gedanken zu diskreditieren: "Hier, nehmt nur unsere Gütesiegelfantasien! Ihr seid nicht in der Lage selbst etwas geprüftes zu erzeugen! Wenn Du Deine eigenen Module machst, ist das viel zu gefährlich!".

Letztlich wird so gut wie jede Plattform, auf der man Selbstgemachtes (kostenlos oder kostenpflichtig) veröffentlichen möchte, mit der outgesourceten Zensur-Axt vorgehen und "Content", der "problematisch" sein könnte, einfach unzugänglich machen. Die Mittel dafür werden ja aktuell schon reichlich angewandt. Das läßt sich leicht auf allerlei weniger aufmerksamkeitserregende Inhalte wie eben Pen&Paper-Rollenspiele ausdehnen.

Du hast ein Mutant-Chronicles-Abenteuer für SCs, die Luna-PD-Detectives spielen sollen, geschrieben? Schön für Dich. Jedoch kannst Du das nicht auf dieser Plattform veröffentlichen, denn wir wollen ja inklusiv sein und solche problematischen Inhalte könnten Leute verletzen. Daher müssen wir dieses Abenteuer leider löschen. 

Solche Content-"Ablehnungen" gibt es offenbar schon im Bereich von Computerspielen, Comics, usw. - somit ist es nur eine Frage der Zeit, wann das auch im Rollenspielbereich (noch weiter als bisher) Verbreitung finden wird.

Du folgst auf Twitter einem anderen Rollenspielschaffenden, den manche auf Twitter als problematisch empfinden? Du solltest dafür natürlich auch von Twitter geworfen werden, aber wir sind ja nicht Twitter, wir lehnen einfach jeden Content von Dir ab, weil Du Dich nicht von nachweislichen Schlechten Menschen (tm) ausreichend öffentlich distanziert hast, was Dich automatisch auch zu einem Schlechten Menschen (tm) macht. 

Das ist ja jetzt auch schon gängige Praxis.

Somit: Es WIRD schlimmer werden, denn es ist schon jetzt SEHR SCHLIMM, aber da geht immer noch mehr.

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