Disputorium

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Regeldesign Heimlichkeit

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Was drüben im T: vor kurzem angesprochen wurde, aber mir auch schon Mal aufgefallen ist:

Es wird eigentlich in den GRW nie gesagt, wann Proben wiederholt werden müssen. Und irgendwann patzt man nach dem Gesetz der Wahrscheinlichkeit, was Diebescharaktere und Scoutpersonnagen irgendwann sehr unattraktiv machen kann.

Mein Ansatz (unabhängig vom System) wäre, das man sich mit einem erfolgreichen Wurf eine bestimmte Anzahl von Handlungen oder einen Zeitraum erwürfelt hat, in dem man einfach heimlich ist und nicht erneut geprüft wird.

Bestimmte Handlungen verbrauchen dann diesen Vorrat schneller, oder vernichten ihn ganz.

Wie seht Ihr das? Wie handhabt ihr das?

Die Infinity-Regeln machen das ganz geschickt. Man hat dort drei Heimlichkeits-Zustände: Versteckt (den Gegnern nicht sichtbar, unerkannt), Wahrgenommen (man weiß, daß da jemand ist, aber nicht genau wo oder wer), Entdeckt (klar sichtbar, nicht mehr heimlich).

Handlungen können lautlos, heimlich oder laut sein.

Bei heimlichen Handlungen ist als freie Aktion ein "Heimlichkeits-Zustands-Wurf", eine Heimlichkeits-Probe, fällig - bei dessen Fehlschlag ändert sich der Heimlichkeits-Zustand eine Stufe in Richtung Entdeckt.

Bei lauten Handlungen haben eventuelle Gegner einen Wahrnehmungs-Wurf auf "Schwierigkeit 0", klappt also immer, man wirft nur, um den Erfolgsgrad zu bestimmen.

Für je 2 Momentum kann man eine Laute Handlung zu einer Heimlichen machen, und eine Heimliche zu einer Lautlosen.

Der Heimlichkeits-Zustand hält so lange an, bis er sich ändert - eben durch laute Handlungen oder nicht geschaffte heimliche Handlungen.

Diese Heimlichkeits-Mechanik greift sowohl im physischen Bereich wie auch beim Hacking im Cyberspace.

In der Praxis eines der besten Heimlichkeits-Modelle, das mir untergekommen ist.

 

Die "Schleichen"-Probe gilt so lange, bis der Erfolgsgrad, mit dem sie geschafft wurde, nicht mehr ausreichen würde, oder bis in einer kritischen Situation eine sonstige Probe schief geht.

Z.B.: Der Dieb will sich ins feindliche Lager schleichen und schafft die "Schleichen"-Probe um 3. Jetzt kann er so lange rumschleichen, bis er etwas tut, wo er eine Schleichen-Probe mit -4 würfeln müsste - und die muss er dann würfeln. Alle "Schleichen"-Proben zwischendurch, ob unmodifiziert, mit -1, -2, -3, gelten als geschafft.

Ich handhabe das extrem entspannt. Als Spieler frustriert mich wenig so sehr wie eine extrem gut gelungene Probe, die gleich bei der nächsten gleichartigen Handlung hinfällig ist. Ich finde das falsch, zweimal 50 % Chance sind eben nur noch 25 %.

Ich hatte für Traveller mal gehausregelt, dass ein gutes Probenergebnis die benötigte Zeit verkürzt, wohingegen ein schlechtes die benötigte Zeit verlängert. Das wende ich auch an, wenn es passt. Aber bei D&D nehme ich die Ergebnisse am liebsten als Geschichtenmaschine, z. B. Schlösser sind dann einfach zu schwer zu knacken, anstatt dass der Charakter versagt hat. Dann bleibt das gesetzt und fertig.

Ich weiß ungefähr, was die Spieler vorhaben. Es wird geworfen und das Ergebnis gilt im Zweifelsfall, bis die übergreifende Aktion abgeschlossen ist (hinschleichen, reinlugen (vs. Aufmerksamkeit der Wache), wieder wegschleichen). Ausnahmen sind Würfe im Graubereich, also knapp geschafft/nicht geschafft (ja, da wurde jemand misstrauisch, wie geht's weiter).

Ich mache es wie Benjamin: Gelungene Proben werden nicht wiederholt.

* Orangener Gurt im PJJ * Grüner Gürtel im Drama-Fu (Drachen-Stil) * Brauner Gürtel im Pyro-Fu * Night's Master im Ghoulu Jitsu * Gelber Gürtel im Tanelorn *
Zitat von ghoul am 9. März 2020, 8:55 Uhr

Ich mache es wie Benjamin: Gelungene Proben werden nicht wiederholt.

So auch an meinem Tisch. Mit der Anmerkung, dass veränderte Bedingungen möglicherweise eine neue Probe erfordern ("Ein schlafender Schwadenbeißer liegt auf deinem Rückweg vor der Tür, die dich in die Freiheit der Nacht entlassen sollte."), das aber auch nur, wenn sich der Ansatz verändert ("Alles klar. Ich imitiere das Geräusch von mauzenden Regenkätzchen, um den Knisterhund aus der Tür zu locken." "OK, dann einen Survival Wurf bitte.")

"If people seem slightly stupid, they’re probably just stupid. But if they seem colossally and inexplicably stupid, you probably differ in some kind of basic assumption so fundamental that you didn’t realize you were assuming it, and should poke at the issue until you figure it out." - Scott Alexander, published under CC-BY 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

Der Schutz der gelungenen Heimlichkeitsprobe endet bei mir erst dann, wenn sich die Situation grundlegend zum Nachteil des SCs ändert, also beispielsweise:

  • der agierende SC Handlungen vornimmt, die nicht mit Heimlichkeit vereinbar sind, also die anwesenden NSCs skeptisch machen (z.B. der SC führt einen Angriff aus, spricht Menschen an ohne aus dem Versteck zu treten, ...),
  • die für die Heimlichkeit genutzten Gegebenheiten verlassen werden bzw. sich zu seinem Nachteil verändern (z.B. der SC verlässt die schützende Deckung bei "Verstecken" oder jemand versucht ausgerechnet die Stelle zu passieren, an der der Versteckte steht, oder der von ihm genutzte Schatten wird ausgeleuchtet oder der Untergrund ändert sich deutlich nachteilig bei "Schleichen", ohne dass dieser Untergrund bei Beginn des Schleichens bereits absehbar und in der Schwierigkeit/Erfolgsgrad berücksichtigt war),
  • neu Akteure treten auf den Plan, die zudem einen Grund haben, misstrauisch zu sein (bei unbedarften Dritten lasse ich den Wurf weiter gelten).

Dann wird eine neue Probe erforderlich, soweit durch das Regelsystem überhaupt gestattet (z.B. bei D&D grundsätzlich nicht mehr nach einem Angriff).

All dead! All dead!
Zitat von Pyromancer am 9. März 2020, 0:18 Uhr

Die "Schleichen"-Probe gilt so lange, bis der Erfolgsgrad, mit dem sie geschafft wurde, nicht mehr ausreichen würde, oder bis in einer kritischen Situation eine sonstige Probe schief geht....

+1

...bin ich bisher nicht drauf gekommen, so mach' ich das ab jetzt auch (Zornhau's Abstufungen ebenfalls... knapp daneben könnte immerhin noch 'wahrgenommen' bringen).

Was weiß denn der Spieler bei euch, wie gut seine Personnage sich versteckt hat ?

Robopsychologist & Rasenbelüfter, Grüner Gürtel im Pyro-Fu, Blauer Gürtel im PJJ, Gelber Gürtel im Drama-Fu
Zitat von Benjamin am 9. März 2020, 8:36 Uhr

Ich handhabe das extrem entspannt. Als Spieler frustriert mich wenig so sehr wie eine extrem gut gelungene Probe, die gleich bei der nächsten gleichartigen Handlung hinfällig ist. Ich finde das falsch, zweimal 50 % Chance sind eben nur noch 25 %.

Hier liegt die Crux und auch die Lösung: Letztendlich geht es um die Frage, ob es noch der gleiche Konflikt ist, oder schon ein neuer. Ist es noch der gleiche Konflikt, wäre es ein Handicap für den Schleichenden und ein Vorteil für die Suchenden, mehrfach zu würfeln, also sollte man das natürlich auch nicht tun. Regelseitig fair ist das abgebildet in so Sachen wie Skill Challenges oder Conflict Resolution, die ich aber nicht mag, weil dort halt am Anfang gewürfelt und erst hinterher ausgespielt wird und das finde ich falsch herum. Bei normalen Task-Resolution-Regelwerken wüsste ich jetzt auf Anhieb keins, dass hier eine klare Leitlinie formulieren würde.

Das ist im Grunde genommen das "Klettern-Probe +2, dann Klettern-Probe +5, dann zum Schluss noch eine Klettern-Probe +10"-Problem, das es in manchen alten DSA-Abenteuern gab.

Deine Idee mit dem "Vorrat" ist schon eine ganz gute. Oder Du kannst "Heimlichkeit" gleich zu einem passiven Wert machen, gegen den jeder potentielle Entdecker einmal anwürfeln darf - es sei denn, bei klar definierten Situationsänderungen (z.B. Schleicher bewegt sich durch Sichtfeld; Sucher wird von anderem Charakter gewarnt; Schleicher führt Angriff durch; Schleicher benutzt potentiell lautes Equipment etc.), in denen erneut gewürfelt werden darf.

Das verschiebt die Sache vor allem psychologisch: Anstatt dass der eine SC fünf Gelegenheiten bekommt, seinen Wurf zu verpatzen, bekommen fünf einzelne NSC jeweils eine Gelegenheit, ihn zu entdecken. Nachteil: Spieler haben gerne das Gefühl, durch eigenes Würfeln ihr Schicksal in der Hand zu haben.
Wichtig ist natürlich, dass man die Wahrscheinlichkeiten im Auge hat. Die Chance, dass eine einzelne Konfrontation zur Entdeckung führt, muss natürlich sehr gering sein. Vielen Spielleitern und Abenteuerautoren scheint Wahrscheinlichkeitsrechnung nicht so ganz einzuleuchten, und darum sind solche Aussagen wie "Wenn die SC bei jedem Kampf eine Chance von zwei Dritteln auf den Sieg haben, ist das doch schon super, da kann man ruhig mal 10 Kämpfe dieser Art vorsehen" für stichhaltig erachten.

Ein Stufensystem wie von Zornhau vorgeschlagen kann daran problemlos angeflanscht werden.

Das größere Problem, das ich habe, wird dadurch allerdings nur teilweise behoben: Heimlichkeitsfähigkeiten begünstigen in extremer Weise Einzelaktionen und Gruppentrennung, und damit zeitweilige Langeweile für die meisten Spielteilnehmer, und zwar besonders, wenn wie vom Oger skizziert gewürfelt wird.
Denn fünf Gelegenheiten, den Heimlichkeitswurf zu versemmeln, wenn es der beste Schleicher der Gruppe macht, sind eine Sache. Insgesamt zwanzig Gelegenheiten, den Wurf zu versemmeln, wenn da das komplette Talentspektrum von der katzengleichen Kunoichi bis zum patscherten Paladin dabei ist, sind noch einmal eine ganz andere.

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