Wir müssen reden: Shadow Dark
Ich halte weitere Fragmentierung des Hobbies für problematisch (mal komplett ignorierend, dass die halbe Welt nur 5e spielt).
Aber Punkt 1. wird viel zu oft übersehen. Finde, dass ist ein hinreichender Grund, selbst wenn niemand das Spiel spielt.
Die Frage ist halt nur, ob man dafür 1 Mio. Dollar braucht.
Zitat von Der Oger am 6. April 2023, 1:20 Uhr
Anschlussfragen:
- Muss es etwas besser machen, als andere Spiele? Reicht es nicht aus, das jemand sich hingibt, seine eigene Vision zu publizieren?
- Welche Version/Vision eines Klons ist Deiner Ansicht nach nicht "Zuviel"?* Oder sind sie das alle?
- Was wäre Deiner Ansicht nach eine wünschenswerte/sinnvolle Innovation?
- Ja. Es MUSS zumindest irgendetwas ganz klar BESSER machen als die Vorlage oder als andere Spiele desselben Segments. - Nein. Niemand interessiert sich für "die eigene Vision", sprich eine lahmarschige, tunnelblickgeschuldete, handwerklich meist hingeschluderte Version von etwas, das an sich schon bekannt, beliebt und funktional ist. Das ist reines Wichsen in Rollenspielproduktform.
- Ich gehe nicht alle aufgelisteten durch - kenne zwar einen guten Teil, aber nicht alle davon, und die, die ich nicht kenne, waren schon von den frei zugänglichen Informationen derart abstoßender Dreck, daß ich mich nicht einmal meine Lebenszeit zum Lesen, geschweige denn Spielen, zu opfern motivieren konnte.
Es sind ein paar Spiele darunter, die schamlos sogar alle Eselsohren und Kaffeeflecken des Originals kopieren - das ist nur noch der Staub unter der untersten Schublade in der Kommoder der "besser nie publizierten" hingerotzten Klon-Scheiße.
Dann sind ein paar darunter, die besser als reine Supplements zu ihren "Inspirationsvorlagen" erstellt worden wären (wobei ich verstehen kann, daß man als Verlag, auch als Ein-Mann-Verlag, gerne ein "eigenes" Regelsystem hätte, was eben keinen oder weniger Lizenzärger mit sich bringt als das Aufsetzen auf einer noch so (vorgeblich) offenen Lizenz).
Der Großteil der Spiele in der Liste, die ich kenne und sogar gespielt habe, waren ENTTÄUSCHUNGEN. Manche sogar höchsten Grades. Angehypter Scheiß. - Dabei zieht sich als "roter Faden" durch, daß die Entwickler grundsätzlich nur ein Kreiswichsen rund um all die Versatzstücke machen, die OSR-Kram so ätzend macht - nur halt kokettierend mit ihrer Lernresistenz, ihrem Unvermögen irgendetwas zu verbessern und ihrer Unwilligkeit etwas anderes daraus zu machen als einen Stempelabdruck mit ihrem Namen dran zu hinterlassen - egal, ob das irgendwer spielt. - Innovationen sind primär Dinge, die man noch nicht hat - und auch noch nicht kennt. Also: Überraschungen.
Dann könnte es noch "Fehlerbehebungen" geben, aber diese lassen sich auch als Hausregeln oder Regel-Supplements darbieten, würde ich nicht als Innovation bezeichnen, sondern nur als Verbesserung oder eben Fehlerbehebung.
Ein Beispiel für etwas (in Teilen, nicht insgesamt, aber mehr kann man wohl nicht erwarten) Innovatives: EZD6. Das läßt wirklich den GESAMTEN Charakter-Kompetenz-Aufstiegs-Kram weg. Man lernt nichts hinzu, die SCs haben keine Stufen, es gibt keine Erfahrungspunkte, gar nichts - sogar weniger "Lernregeln" als im alten Classic Traveller, das ja grundsätzlich davon ausging, daß Spielercharaktere "unbelehrbar" sind und der Mensch (oder das Alien) an sich nach seiner primär militärischen Laufbahn nichts mehr hinzulernen kann (Starship Troopers in der Praxis, nur ohne Wahlrecht in einem feudalen Imperium).
Einige der Spiele in der obigen langen Liste habe ich als "Steinbruch" zum AUSSCHLACHTEN von brauchbaren Elementen verwendet. Als Gesamtwerk sind sie jedoch nicht spielenswert(er als das Original).
Und Shadow Dark ist noch nicht einmal ein Steinbruch. Da läßt sich weniger ausschlachten als an einem in der Sahelzone in der Dürre verreckten Rind, an dem sich schon die Aasfresser vergeblich versucht hatten.
ich dachte immer, das zu viel Innovation gar nicht gewünscht ist. Wenn man wirklich innovation will, warum dann ein Spiel spielen, das damit wirbt, das es sich eng an Vorgänger hält?
ich hab immer gedacht, es geht darum, recht viel gleich zu lassen, und nur ein paar Sachen zu verändern.
Zitat von ErikErikson am 7. April 2023, 19:52 Uhrich dachte immer, das zu viel Innovation gar nicht gewünscht ist. Wenn man wirklich innovation will, warum dann ein Spiel spielen, das damit wirbt, das es sich eng an Vorgänger hält?
ich hab immer gedacht, es geht darum, recht viel gleich zu lassen, und nur ein paar Sachen zu verändern.
Exakt! - Wirkliche Neuerungen können derartige Entwickler gar nicht ertragen (geschweige denn ersinnen).
Es handelt sich ganz grundsätzlich ja nicht um wirklich eigenständige Werke, sondern um "glorifizierte Hausregeln", wie sie - in nicht so hübscher Aufmachung - früher JEDE Spielgruppe verwandt hat. (Wir hatten für unsere lange Jahre laufende AD&D 1st Ed. Uni-Gruppe ca. 30 Seiten Hausregeln für all das, was so über die Jahre aufkam und solide geregelt werden sollte.)
"Weichware", also Abenteuer, sind ja eh kein Problem, denn da ist die Kreativität - so man das Wort dafür verwenden mag - bei der großen Mehrzahl auch nicht besser als das, was einem ChatGPT ausspuckt.
Alleinstellungsmerkmale soll es ja gar nicht geben, da dann die "Rückwärtskompatibilität" zu den eigentlichen Ahnen, die hier ja nur mit mäßiger Handwerkskunst plagiiert werden, nicht mehr gegeben ist.
Es gibt durchaus ein paar nicht mehr oder nicht mehr so ganz rückwärts kompatible Produkte, doch ist diesen immerhin noch der Survival-Horror-Aspekt erhalten geblieben, der DAS definierende Merkmal der alten wie der altbackenen "neuen" Spiele ist.
Der Großteil der Spiele in der Liste, die ich kenne und sogar gespielt habe, waren ENTTÄUSCHUNGEN.
Welche und warum?
Zitat von ErikErikson am 5. April 2023, 13:41 UhrIch denke die Zielsumme wir inzwischen oft absichtlich niedrig gehalten, um den Effekt zu erzielen, den du grade zeigst. Insofern ist das wenig aussagekräftig um einen Überraschungserfolg zu diagnostizieren. 1 Million ist für gut beworbene und professionelle Rollenspielprodukte nicht ungewöhnlich.
So isses.
Zitat von Hergen am 8. April 2023, 16:01 UhrUnd welche sind denn dem Herren Z. genehme Systeme?
Um im altschulischen Bereich zu bleiben: Cepheus Engine (die generische Version der Traveller-Regeln), EZD6 (ein wirklich nettes, kleines, aber findiges Fantasy-System, das ich auch für andere Settings wie Shadowrun benutzt habe), RuneQuest (trotz Bauchschmerzen wegen des Prozentsystems hat das halt immer noch DAS Glorantha-Feeling, das diese Spielwelt verdientermaßen so beliebt gemacht hat).
Andererseits spiele ich ja hauptsächlich neuschulische Spiele, die hier eh nicht das Thema sind.
Shadow Dark ist ein überflüssiger, unkreativer Aufguß eines alten ausgelutschten Teebeutels vom Komposthaufen. Das hatte einerseits zeitlich Glück mit der WotC-Scheißidee zur OGL-"Revision" und andererseits hatte es jede Menge Hype von typischen Videokanal-Laberköppen bekommen, die hier einfach eine weitere Gelegenheit gesehen hatten, ihre Fresse in die Kamera zu halten und ihre Hype-Sauce abzusondern. Einer nicht einmal besonders kritischen Prüfung der Regelseite UND der Aufmachung hält Shadow Dark nicht stand. Das stört aber keinen, denn es ist einfach nichts dran, was wirklich anecken könnte, weil es neu oder anders oder gar innovativ ist. Es ist ein in Rollenspiel gegossenes Zäpfchen, das nur so reinflutscht.
Andererseits kann man auch sagen, es ist das perfekte Amalgam des OSR zeitgeists. Das ,worauf sich jede gruppe einigen kann, weil es keine Kanten hat. Das perfekte Spiel für jeden Liebhaber dieser nische.
Ich erwarte keine Innovation mehr im Tisch-RPG, refinement finde ich viel wichtiger.
Worauf ich grundsätzlich nicht mehr reinfalle ist - und das gilt soweit ich weiß auch für Shadow Dark - die Behauptung, es hätte mal wieder jemand DIE Formel für ein Rules Light RPG gefunden.
Spielregeln, die auf einen Bierdeckel passen und supereinfach sind, zudem lichtschnell laufen und "cinematisches" Kopfkino erzeugen, dabei aber natürlich alles abdecken und keine Regellücken aufweisen. Am Arsch!
Allein deswegen bin ich auch bei EZD6 schon skeptisch.