Disputorium

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"Uns geht's doch noch Gold!" oder Oldschool-Traveller-Epiphanie

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Man kann einen Hund nicht zum Jagen tragen, und wenn's mir keinen Spaß macht, dann kann ich es auch sein lassen. Zur Not kann man das auch einfach mal in der Gruppe ansprechen, manchmal hilft's.

Zitat von BoyScout am 14. November 2020, 23:32 Uhr

Ich habe da noch Anekdoten im Kopf, da berichteten Spieler stolz, dass sie einen Abend lang nur einen einzigen in-Game Geburtstag ausgespielt hätten.

Klingt wie ein Chatroom-RPG mit lauter CharakterdarstellerInnen.

@Wulfhelm, ich denke auch, Du solltest mal fragen, was das Problem ist. Lieber mit Verständnis die Runde abblassen als mit Frust.

Das habe ich parallel natürlich schon getan - wenn auch ohne Antwort bisher.

Ich dachte in meinem ersten Posting auch noch, ich hätte zumindest eine Ahnung davon, was das Problem ist und wollte daraus eine allgemeine Aussage schöpfen. Aber jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher... klingt eher nach der von BoyScout treffend als rätselhaft beschriebenen Sabotagehaltung. Ziemlich aus heiterem Himmel noch überdies.

Sabotagehaltung kommt nicht aus heiterem Himmel, die kommt nur ,wenn du sie mit was verärgerst, das sie nicht ansprechen wollen oder können. Abblasen ist da meist keine Hilfe, weil sie wollen ja, nur nicht so. Wenn sie nicht wöllten, kämen sie erst gar nicht. oft wollen auch verschiedene leute je was anderes anders haben.

Fragen bringt meistens nichts Verwertbares, weil die meisten Leute ja selber nicht wissen, warum sie wie spielen.

Ich glaube nicht, dass es eine bewusste Sabotageaktion ist. Ich beobachte das Verhalten ungefähr seit 20 Jahren und komme aus der Ecke von DSA, da war in den meisten Runden, in denen ich war, sowas üblich. Also jeder spielt für sich.

Von daher kann ich auch mit Sicherheit sagen, dass es zumindest von meiner Warte keine Ermüdungserscheinung gegenüber klassischen Abenteuern ist, denn das ist in meinem Umfeld eher eine neuere Spielart. Natürlich gibt es Ermüdungserscheinungen grundsätzlich.

Auch noch zu meiner GURPS Travellerkampagne hatte ich Spieler, die teils 90min. lange Soloaktionen parallel zur Gruppe betrieben haben.

Denke eher, es steckt eine gewisse Gleichgültigkeit, vielleicht ein bisschen Rücksichtslosigkeit vor dem Investment der anderen Mitspieler dahinter, also einfach fehlende Empathie. Muss sagen, dass ich früher auch manchmal zu grob war. Das wäre aber noch keine Begründung.

Heutzutage habe ich eine Stammrunde mit gut eingespielten, erfahrenen Rollenspielern, wo das nur noch selten vorkommt, obwohl wir immer das gleiche Spielen (keine Ermüdung). Aus dem Grunde spiele ich auch nur ganz ungern mit neuen Leuten (oder auf Cons).

Aus einer anderen Runde ist nämlich eher folgendes Alltag:

Erst vor wenigen Monaten beim Spielleiten kamen in einer anderen Runde neue Spieler hinzu und einer der Personen brachte - obwohl ich eine Session0 und später noch lange Aufklärung betrieben habe um klar zu machen, dass wir eine Megadungeon-Kampagne mit viel DungeonCrawling spielen, in der es Entdecker braucht - tatsächlich folgende Aktion: Derjenige (Level 1) wolle sich gerne Land kaufen um Tierherden zu hüten, weil.. er habe ja einen Tierhüter gebastelt.

Ich hatte kurz drüber nachgedacht, OT zu fragen, ob er mich bzw. uns ernsthaft verarschen wolle. Allerdings passte alles andere gut und es war in der Rekrutierungsphase, insofern habe ich mich zusammengerissen. Wir spielen auch heute noch zusammen, stringenter. Die Person hatte vorher DSA und Cthulhu gespielt. qed.

Es bleibt, wie gesagt ein Rätsel, ich kann mir aber gut vorstellen, das Wulfhelm mit ähnlichen Phänomenen zu tun hat, da sie imho recht verbreitet sind.

Jetzt geklärt. War wohl bei dem Hauptverursacher eine Mischung aus dem, was BoyScout und dem, was Village Idiot sagte:  "Ich habe halt einen Charakter gebaut, der soundso drauf ist + ich wollte im Laufe meiner Heldenentwicklung erst allmählich aufweichen und offener werden." Ansonsten nur Bräsigkeit/Tag-along.

immer erstaunlich, wie weit Spieler den Werdegang ihrer Personnage im stillen Kämmerlein vorplanen 🙂

Ich fahre ganz gut damit heutzutage viel mehr OT mit den Mitspielern zu reden anstatt nur anzudeuten oder Zaunpfähle zu werfen. Weiß auch gar nicht wo das herkommt, dass alle Parteien immer alles geheim halten.

 

Zitat von BoyScout am 17. November 2020, 19:06 Uhr

immer erstaunlich, wie weit Spieler den Werdegang ihrer Personnage im stillen Kämmerlein vorplanen 🙂

Ich fahre ganz gut damit heutzutage viel mehr OT mit den Mitspielern zu reden anstatt nur anzudeuten oder Zaunpfähle zu werfen. Weiß auch gar nicht wo das herkommt, dass alle Parteien immer alles geheim halten.

 

Ich habe dem Spieler auch mal semi-diplomatisch geschrieben, dass solche Informationen über eventuelle Motivationshemmnisse für mich interessanter gewesen wären als "Wurde mal in einer dunklen Gasse überfallen" und ähnliche tragische Backstory-Details... 🙂

Wobei mich diese ganze Sache dazu veranlasst hat, mal systematisch darüber nachzudenken, was Spieler in Bezug auf ihre Traveller-Charaktere zu fragen sind:

Welches große Ziel verfolgt euer Charakter, indem er durch den Weltraum reist? (Kategorien, wenn keine Idee mit 1W: 1 Geld, 2 Macht, 3 Ruhm, 4 Ehre, 5 Wissen, 6 Glück/Leben)

Regeln: Es muss ein Ziel sein, dass der Charakter

... noch nicht erreicht hat (Also nicht: Beruflichen Erfolg. Aber vielleicht: Seine eigene subsektorweite Linie besitzen.)
... noch nicht erreichen konnte (Also nicht: Mit einem brauchbaren Lebensstandard in Pension gehen. Aber vielleicht: Sich als größter Playboy von Rhylanor zur Ruhe setzen.)
... für dessen Erreichen es auch keinen offensichtlich direkten Weg gibt. (Also nicht: Ein Grav-Hausboot kaufen. Aber vielleicht: Einen Grav-Palast kaufen.)
... aber bei dem es zumindest ansatzweise vorstellbar ist, dass er is in Zukunft erreichen kann. (Also nicht: Das Imperium erobern. Aber vielleicht: Die Kommunalität von Kedzuh erobern.)
... und zwar in verschiedenen Stufen (Also nicht: Admiral Santanocheev ermorden. Aber vielleicht: Alle Korsaren-Kapitäne des 40th Squadron ermorden.)

Zitat von Wulfhelm am 17. November 2020, 20:03 Uhr

Welches große Ziel verfolgt euer Charakter, indem er durch den Weltraum reist?

Das ist gerade etwas, was bei Traveller-Charakteren ein Problem darstellt: diese können nämlich oft genug schon als ALTE und (ehemals) MÄCHTIGE Personen aus dem Lifepath herauskommen. Die haben ihre beste Zeit hinter sich, die haben ihre Ziele im Leben mit Bravour erreicht, wurden in allen Ehren und mit höchsten Rängen ins Pensionsalter verabschiedet.

Und das ist dann der Start-Charakter für eine Traveller-Runde.

An sich sind solche Charaktere mit 5+ Terms und Rang 05+ eigentlich nur noch mit "Hobby" oder sonstiger Lebensabendsmotivation ausgestattet.

Die waren 16 Jahre lang Bundeskanzler oder 20 Jahre lang Außenminister. Und was machen die dann noch? Was für unerreichte Ziele haben die noch?

Die werden in hohem militärischen Rang verabschiedet. Was sollen die denn noch werden wollen? Alt? Sind sie schon. Reich? Sind sie meist ja auch (inklusive komfortabler Pensionszahlungen). Mächtig? Da wären sie vielleicht doch besser Admiral, General, etc. geblieben, statt in einem muffige Freihändler mit lauter Sozialversagern und hohen Schulden anzuheuern, oder?

Da bei Traveller das "From Zero to Hero"-Konzept vieler anderer Rollenspiele nicht vorhanden ist, da bei Traveller die SCs oft schon nach einem erfüllten Leben in das eigentliche aktive Spiel geworfen werden, bekommt man solche Charaktere, die an sich nur noch für die Dauerkreuzfahrt auf Fhloston Paradise taugen (ohne Überfall mit Bombenanschlag, versteht sich).

An sich sollte man bei Traveller die SCs über ihren Lifepath in einem "hungrigen" Alter stoppen. Also vielleicht Mitte Dreißig, keinesfalls älter. Dann sind sie noch jung genug, daß sie was WOLLEN könnten und auch noch jung genug, daß sie sich noch ANSTRENGEN können, es zu erreichen.

Somit also von "Nicht wirklich Zero, aber auch noch nicht Hero to Local Hero".

Dann klappt das auch eher mit einer Motivation sich auf Traveller-typische Weltraum-Hobo-Abenteuer zu begeben.

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